"Einer von uns beiden wird es machen!"
Mit es war nichts anderes gemeint, als die Bundestagskandidatur für
unsere Partei Bündnis90/DIE GRÜNEN im Kreis Soest.
"Warum nicht ich", hatte ich zunächst einige Monate lang nur
gedacht und wartete eigentlich auf die Möglichkeit eine Kandidatin oder einen Kandidaten nach Kräften unterstützen zu können.
Immer wieder hatte es Gespräche gegeben
und, ohne dass ich es so richtig gemerkt hatte, redete man immer öfter davon, ich wäre wohl der Richtige dafür.
Gut, ich rauchte nicht, noch nicht, denn ich hatte immer noch Manfred Such vor Augen, der sich das Rauchen auch erfolgreich
abgewöhnt hatte und den der Bundestag wieder zur Zigarette
greifen ließ...
Ich trank kaum Alkohol.
Ich war
Vegetarier und ernährte mich sofern möglich aus den
heimischen Bioläden.
Körnerfresser hatte mich mein ehemaliger Kollege Michael
genannt.
Schon 'mal Voraussetzungen grüne Identität
vorzuleben?!
Seit Jahren glaubte ich, wir könnten noch etwas
erreichen, könnten den Mitmenschen irgendwann die Augen öffnen,
dass wir am Erhalt des Planeten für kommende Generationen
interessiert sind. Seit Jahren hielt ich es nur für eine Frage
der Zeit, bis die Mitmenschen begriffen hatten, dass wir integre
Ziele haben und alles wollen, nur nicht bei der systematischen
Zerstörung der allgemeinen Lebensgrundlagen mitmachen.
Gut,
ich glaubte uneingeschränkt an grüne Ziele und grüne
Politik, also war ich jemand, der auch seine Überzeugung nach
Außen tragen konnte.
Im Laufe der Monate kristallisierte
sich meine Kandidatur immer weiter heraus, so dass ich sie weder für
mich, noch für andere in Frage stellte.
Ich wunderte mich
auch nicht mehr, wenn man von schmunzelnden Parteifreunden als der
Kandidat bezeichnet wurde.
Ich freute mich über das
entgegengebrachte Vertrauen meiner Parteifreunde, die es sich
vorstellen konnten, meinen Namen auf die Wahlzettel des Kreises Soest
für unsere Partei drucken zu lassen.
Im Juni 2001 dann
sprach mich der damalige Kreisvorstandssprecher Reinhold Ludwig
direkt an.
"Ich meine, Du solltest auch gleichberechtigter
Kreisvorstandssprecher werden, wenn Du schon der Bundestagskandidat
sein wirst!"
Gleichberechtigter Vorstandssprecher, weil es
bei den Grünen immer eine Doppelspitze geben sollte;
gleichberechtigt mit Ilona Kottmann-Fischer, der derzeitigen
Vorstandssprecherin, die sich diese Aufgabe mit Reinhold teilte.
Auf
so offizielle Weise angesprochen worden war ich zuvor nie, zögerte
aber keinen Augenblick damit, zustimmend zu nicken.
Bundestagskandidatur.
Wie weit ging eigentlich meine
Identifikation mit dieser Partei?
Weit, noch weiter, es gab
keinen Punkt grüner Politik, der absolut konträr zu meiner
Meinung war.
Da ich die ganzen Jahre bei den Grünen nie an
Austritt gedacht hatte, vielleicht bin ich ja ein
so genannter geradliniger Politiker, zögerte ich auch
nicht, diese Aufgabe anzunehmen.
Im Hinterkopf dachte ich daran,
dass es vielleicht gar nicht so einfach sein werde, die
Repräsentationstermine mit Privat- und Berufsleben in Einklang
zu bringen, hoffte aber, einen gangbaren Weg zu finden.
Schließlich
war nicht pausenlos Wahlkampf, wobei ich dieses Wort noch nicht
wörtlich nahm.
Wahlkampf.
Grüne sind alles andere
als kämpferisch.
Grüne sind glaubwürdig und
integer, darum ist es doch offensichtlich gar nicht anders möglich,
als sie zu wählen!
Die Prozentzahlen sprachen eine andere
Sprache, aber an grüner Integrität konnte das ja wohl nicht
liegen.
Warum wählte man uns nicht?
Wenn wir uns zur
Wahl stellten, war es uns ein Anliegen den Wählern die Wahrheit
zu sagen, die Wahrheit bezüglich unserer Ziele, aber auch die
Wahrheit bezüglich unserer Möglichkeiten.
Wir
unterschieden uns damit deutlich von Kandidaten anderer Parteien, die
den Wählern vieles erzählten, wovon sie im Traum nicht
glaubten, es jemals realisieren zu können.
Steuersenkungen,
Abschaffung der Oekosteuer, Einführung einer
Naturverbrauchssteuer; warum nicht gleich Umbenennung der Oekosteuer
in Naturverbrauchssteuer?
Gut, trotz einiger Überlegungen,
hat es meines Wissens noch keinen grünen Kandidaten gegeben, der
von seiner grünen Maxime abgewichen sei.
Bleiben wir bei der
grünen Wahrheit.
Wir können diesen Planeten
nicht hemmungslos ausbeuten, ohne Rücksicht auf zukünftige
Generationen und die Tiere als Mitwesen, so lange wir keine zweite
Erde aus der Schublade ziehen können.
Nun gut,
irgendwann gewöhnte ich mich daran, dass ich der Kandidat sein
würde, zumal es im Zusammenhang mit der
Bundesdelegiertenkonferenz in Rostock zu der sehr bedauerlichen
Situation kam, dass einige Parteifreunde ihren Austritt aus der
Partei erklärten, so auch Karl-Heinz Loske.
Und dann kamen
die Einladungen.
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