Als Grüner kommt man bei manchen Reisen in
den Genuss des Bahnfahrens.
Also fuhr ich im Zug
von Hamm nach Berlin.
Wie immer beim Bahnreisen trifft man auf
Mitreisende, die man wahrscheinlich den Rest seines Lebens nicht mehr
wiedersehen wird, besonders dann, wenn sie aus einem anderen Land des
Planeten kommen.
Mein Mitfahrender an diesem Tag
kam aus Mexiko.
Ich erfuhr das er katholischer Priester war und
vor seiner Heimreise nach Mexiko, er würde da eine Gemeinde
übernehmen, einen Bummel durch Europa mache, auf den Spuren Mark
Twains, aber ein wenig schneller.
Erfreulicherweise hatte er auch
einige Zeit in Marburg studiert und so kamen wir über gemeinsame
Erinnerungsfetzen an Marburg einander verbal schnell näher.
Als
er erfuhr, dass ich Mitglied der Partei Bündnis90/DIE GRÜNEN
bin, schmunzelte er nachdenklich.
"Was würde Jesus wählen?"
Diese Frage kam für mich viel zu überraschend, als
dass ich nicht, wie es normalerweise die Situation erfordert hätte,
spontan und ohne zu zögern Die Grünen zu
sagen vermochte. Obwohl ich davon überzeugt war, dass am
22.09.2002 Jesus, Mohammed, Buddha und Krsna
selbstverständlich nur grün wählen würden, so sie
denn die Möglichkeit hätten. Für mich gab es da
wirklich keinen Zweifel, warum also zögerte ich kurz?
"Was würde Jesus wählen?"
"Natürlich grün, was
sonst?"
Was führte diese Mann im Schilde?
"Würde
Jesus nicht sagen ich wähle die CDU, weil sie das C im Namen
trägt?"
"Nein, er würde sich an einige
Stellen im Neuen Testament erinnern, würde sich erinnern, dass er
selber es war, der Nächstenliebe predigte, würde an das
Gleichnis vom verlorenen Sohn und an das vom barmherzigen Samariter
denken. Er würde erkennen, dass das C sich wahrscheinlich nicht
auf ihn bezieht, sondern vielleicht auf Caesar."
Mein
Mitreisender lachte.
"Vielleicht würde er auch daran
denken, dass er sagte: Machet Euch die Erde Untertan!"
"Möglicherweise, aber er sagte nicht, sägt
Euch den Ast ab, auf dem Ihr sitzt!"
"Stimmt,
und als er sagte wachset und mehret Euch, hat er nicht das Geld in
den schwarzen Koffern gemeint!"
"Und so etwas sagen
Sie, ein katholischer Priester?"
"Klar, warum nicht?
Erstens entspricht es der Wahrheit und zweitens werden Sie mich nie
wieder sehen, Sie werden mich zitieren können, aber niemand wird
Ihnen glauben, wenn er nicht will, so ist das nun 'mal mit dem
Glauben!"
"Vielleicht würde er ja auch FDP wählen,
denn immerhin ist sie eine 18%-Partei und tritt für Liberalismus
ein!?"
Hatten wir die Rollen getauscht? Dieser Priester
lachte wieder.
"Wenn Jesus die FDP wählen würde
hätten wir das nächste Problem. Jesus war ein Mann des
Volkes, einer, der die Schwachen unterstützt hat, einer der die
Interessen derjenigen vertrat, die verfolgt wurden, die diskriminiert
wurde. Wie oft hat er davon gesprochen es wäre gut, den Armen
etwas zukommen zu lassen?!"
"Aber er hat auch gesagt,
gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist!"
"Womit er
die Steuern gemeint hat, soll das heißen er wäre gegen
Steuersenkungen?"
"Zumindest hat er sie nie gefordert!"
"Aber 'mal ganz im Ernst! Hätte er einer Partei seine
Zustimmung gegeben, die voller Widersprüche
seit vier Jahren genau das verlangt, was sie in all den Jahren
als sie an der Regierung war, nicht verwirklicht hat?"
"Stimmt,
die FDP war außer seit 1998 nur zur Zeit der großen
Koalition nicht an der politischen Macht als Regierungspartei
beteiligt. Also hat sie alles das, was sie heute fordert selber nicht
verwirklicht, als sie die Gelegenheit dazu gehabt hätte!"
"Außerdem hat die 18 eine Bedeutung, die von
mancheinem kabbalistisch als zumindest sehr bedenklich eingestuft
wird. Die 18 entspricht A und H im
Alphabet, Adolf Hitler!"
"Das ist aber doch sicher weit
hergeholt!"
"Ja, einerseits! Andererseits sollte man
sich fragen, warum man nicht 17 oder 19 sondern ausgerechnet 18% so
forciert vorantreibt! Und das, obwohl der Zusammenhang zwischen 18
und A und H sofort von einigen Juden
angeprangert worden war!"
"Mit anderen Worten könnte
Jesus als Jude, denn das Geburtsrecht geht im Judentum von der Mutter
aus..."
"...daher schon alleine keine FDP wählen!"
"Bleibt die SPD."
"Könnte er wählen!"
"Er könnte die SPD wählen, weil sie immer nur die
Interessen der Menschen..."
"...aber nicht aller
Menschen! Die einzige Partei, die auch die Interessen der Menschen in
der so genannten dritten Welt vertritt sind
die Grünen!"
Wir redeten noch einige Zeit weiter, ich
erfuhr davon wie es war auf Kosten der Kirche für Jahre in
Europa zu studieren und dann in ein relativ unbedeutendes Dorf in
Mexiko zurückzukehren, in dem die Menschen Halt an einer Kirche
suchten, die ein weltgewandter Priester nur schwer verkörpern
konnte.
Zum Abschied wünschte er mir viel Erfolg und...
"Ich weiß genau, was Jesus wählen würde..."
Gut, er wusste es genau, ich wusste genau,
was ich wählen würde, wenn ich Jesus wäre.
Und ich
fand noch etwas im Internet.
Was
würde Jesus wählen?
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