Der Autor
 

Seit dem achten Lebensjahr habe ich mich als Schreibenden gesehen und wenn ich Aufsätze für die Schule schrieb, wurde mir seitens der Lehrer immer wieder vorgeschlagen, Politiker oder Schriftsteller zu werden.

Nun war es in einer Arbeiterfamilie in den Sechzigern nicht so einfach, wenn man den Eltern mitteilte, was die Lehrer so sagten. In der Regel führte das zu unangenehmen Konsequenzen oder wochenlangen Diskussionen und einen Ausbildungsplatz als Schriftsteller gab es auch nicht. Als meine Mutter im zweiten Schuljahr erfuhr, ich hätte viel Phantasie, war das eine Katastrophe mittleren Ausmaßes.

„Du hast zu viel Phantasie!“

Man wusste aber nicht viel, was man dagegen tun konnte.

Als ich vierzehn war und immer noch eine Schule besuchte, wurde mir von meinen Eltern signalisiert, ein guter Sohn wäre ja bereits in einer Lehre und würde das verdiente Geld zu hause abgeben.

Als ich mit achtzehn immer noch eine Schule besuchte wurde meine Mutter krank und meine Eltern hatten andere Sorgen.

Aber wie das nun 'mal im menschlichen Leben so ist, weder die Miete wird einem erlassen, noch füllt sich der Kühlschrank selbsttätig.

Da ich nicht sofort einen Studienplatz bekam ( ZVS ), begann ich eine Ausbildung im Krankenhaus. Dazu sei noch angemerkt, dass das einzige Krankenhaus in dem das möglich war, das Soester Stadtkrankenhaus war, da alle anderen keinesfalls konfessionslose Krankenpflegeschüler an nahmen.

Die Bundeswehr suchte zwischenzeitig nach einem wackeren Recken, den ich ihnen nicht bieten konnte und der Unterzeichner gewöhnte sich an monatliche Tantiemen, die er für geleistete Arbeit in der Krankenpflege erhielt.

Immerhin wurde ich nach Erhalt des Krankenpflegediploms an vielen Stellen des Krankenhauses eingesetzt und hatte für die Kolleginnen und Kollegen den Vorteil, dass ich nie in den Sommerferien verreisen wollte.

Na ja, bis auf ein Mal.

Im Sommer 1983 wollte ich tatsächlich mit genau der Frau, die mich auch heute noch tagtäglich erträgt, ihrer Mutter und ihrer Tochter genau zehn Tage zu Beginn der Sommerferien verreisen.

„Nein, Du kannst da nicht frei bekommen, das geht nicht...“

Die Stationsleitung war sich sicher, dass ich keinesfalls in den Sommerferien frei haben könne. Auf meinen Hinweis, seit über zehn Jahren nicht im Sommer Urlaub gehabt zu haben, zuckte sie nur mit den Achseln.

Als ich das zu hause berichtete erfuhr ich, diese Arbeit sei sowieso nicht richtig für mich und ich solle getrost kündigen. Da ich fast täglich beim Abendessen einschlafe, stehe die Belastung sicher in keinem adäquaten Verhältnis zur Bezahlung.

Diesen Rat nahm ich an und kaufte mir eine gebrauchte elektrische Schreibmaschine namens Triumph Gabriele 5000.

Da ich zumindest seit meinem 11. Lebensjahr viel, bis fast nur Science Fiction las, war der Plan, einen SF-Roman zu verfassen sehr naheliegend.

Ich setzte mich hin, ohne zu wissen, was ich wollte und fing einfach an.

Dazu muss ich bemerken, dass ich auf den einzelnen Seiten wirklich nicht wusste, was auf der jeweils nächsten passieren würde.

Erst als sich abzeichnete, dass der Protagonist eine Bombe im Körper als Damoklesschwert mit sich herum trug, gab es das Ziel, diese Bombe zu entfernen.

Letztlich war das der einzige Plan, der sich aber erst im Laufe der Handlung ergab.

Im Jahr 1985 fuhr ich mit den 333 Schreibmaschinenseiten zur Frankfurter Buchmesse.

Die Verlage, die SF veröffentlichten waren nicht einmal bereit meine vorbereitete 25-Seitige Leseprobe in Empfang zu nehmen.

Was mich an diesem Sonntag bereicherte, war, dass ich Erich von Däniken und Peter Krassa traf, dass ich Hans Joachim Alpers, Ronald M. Hahn und Werner Fuchs begegnete und dass ich ein langes und ausführliches Gespräch mit Walter Ernsting geführt habe, der in den Fünfziger Jahren auf die Idee gekommen war, seinen ersten Roman als Übersetzung des Autors Clark Darlton an den Mann zu bringen.

Die Begegnung mit Walter Ernsting führte für mich dazu, dass ich mir sicher war, diesen Weg nicht gehen zu wollen. Ich wollte weder als Übersetzer eines imaginären Amerikaners in Erscheinung treten, noch mein Buch unter dem Namen einer Frau zu den Verlagen tragen.

Also schickte ich die 333 Seiten zu Verlagen.

Die Antworten kamen in der Regel nach drei bis vier Wochen und lauteten immer gleich.



Ein Verlagslektor griff allerdings zum Telefon und versuchte mich zu überreden, einen Roman über die Waffen-SS im Osten zu schreiben, da mein Schreibstil so etwas zulasse.

Ich war also gezwungen die nächsten Jahre damit zu verbringen auf dem Weg, den ich kannte Geld zu beschaffen um so einen Beitrag zu unserem bescheidenen Leben bei zu tragen.

Jedoch hat die Leidenschaft Texte zu verfassen nicht im Geringsten nachgelassen und daher habe ich dann beschlossen, nachdem ich meinen Roman: Der Sohn des Mondpriesters veröffentlicht hatte, auch dieses Buch auf dem selben Wege dem Leser zur Verfügung zu stellen.

333 Seiten ein zu scannen ist allerdings eine Herausforderung, aber der Ratschlag von Freunden, doch lieber alles neu zu schreiben kam für mich nicht in Frage, betrachtete ich doch den vorliegenden Roman als ein Produkt, das mich vier Jahre meines Lebens beschäftigt hatte und das ich so, fast unverändert, gedruckt haben wollte.

Bei der Überarbeitung fand ich dann erschreckende gesellschaftspolitische Bezüge, die mich mehr ab schreckten als erheiterten, denn auch heute gibt es Menschen, die nach Freiheit streben und solche, denen man nicht genug Regeln geben kann.





Udo Müller-Christian


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