Links zu Texten des selben Autors: An Archie, Der erste Tag der Jagd, Babyport, Löcher in der Welt, Metromania, Bewegung im Raum
Dieses Drehbuch befindet sich in der Entstehung, mit anderen Worten kann man theoretisch wöchentlich die Weiterentwicklung verfolgen. Die Handlung wird bis zum Ende eines 90 Minutenfilmes fortgesetzt.
Junger Typ, Ende zwanzig in Begleitung einer jungen Frau, Anfang zwanzig, die aussieht wie eine Modepuppe, kauft in einer Scheune von einem Mann im roten Overall BMW aus den Siebziger Jahren - 2500 - 3.0 S (wichtig, Limousine mit Anhängerkupplung)
Nachdem der Kauf perfekt ist, fährt er mit der Modepuppe in einem neuen BMW oder Mercedes (wichtig, Limousine mit Anhängerkupplung) über schmale Landstraßen durch westfälische Kulissen (können auch andere Mittelgebirgskulissen sein).
Die Fahrt eignet sich gut zur Unterlegung des Vorspannes.
Musik und Gegend.
Gespräch während der Fahrt:
Frau: "Jetzt erklär' mir 'mal, wieso du die alte Karre gekauft hast!"
Mann schmunzelt.
Mann: "Nostalgie!"
Frau: "Wie, in deinem Alter schon?!"
Musik und Gegend.
Ziel: Penthousewohnung, Designermöbel (Wohnung des Paares)
Musik wird gehört.
Mann: "Ich fahre noch 'mal kurz zu meinem Vater!"
Frau: "So, du fährst noch 'mal kurz zu deinem Loser-Vater!"
Mann: "Du weißt doch wohl genau, dass das nicht sein Verdienst ist!"
Musik und Gegend.
Sohn kommt mit BMW oder Mercedes bei seinem Vater an.
Haus mit sehr viel Grün innerhalb und außerhalb; Möbel und weitere Ausstattung Antiquitäten.
Hört Musik von Pink-Floyd oder Moody-Blues und ist auf einer Terrasse dabei Kakteen zu sprühen.
Vater mit Bart und etwas längeren Haaren, vielleicht mit Neigung zu Glatzenbildung, Jeansträger und offensichtlicher Öko.
Herzliche Begrüßung.
Sohn gespielt vorwurfsvoll: "Hab ich dich beim Sprühen erwischt?!"
Vater lachend auf den Sprayer weisend: "Neemöl mit Emulgator und Wasser, hilft gegen Wollläuse und andere. Die Läuse haben nach Kontakt mit dem Öl einfach nur keinen Bock mehr auf Fressen und Sex! Ein Rezept aus der Hobbythek!"
Wendet sich einem über zwei Meter hohen Kaktus zu.
Vater: "Aber das ist sicher nicht der Grund für deine Visite!"
Sohn leicht zögernd: "Nein, ich habe mir da einen alten BMW gekauft und wollte dich bitten, ihn im Laufe der nächsten Woche abzuholen, weil du ja mehr Zeit hast als ich!"
Der Vater blickt den Sohn nun an.
Vater: "Ist der denn fahrbereit?"
Sohn hilflos lachend: "Ich glaube nicht besonders!"
Vater: "Dann muss ich mir einen geeigneten Zugwagen und einen entsprechenden Anhänger leihen!"
Sohn: "Als Zugwagen kannst du meinen nehmen, Eleonore wird mit dem Zug nach Berlin fahren, ich kann in der Woche mit ihrem Wagen fahren."
Musik und Gegend.
BMW oder Mercedes des Sohnes mit einem Autotransportanhänger kurvt durch sonnenbeleuchtete Landschaft. (Sauerland, Teutoburger Wald oder Harz oder etwas vergleichbares. Am Lenkrad sitzt ein Türke, Araber der sonstiger Südländer, etwa im Alter des Vaters, der ein relativ gutes akzentfreies Deutsch redet und über eine ausgezeichnete Bildung zu verfügen scheint.
Musik und Gegend.
Abdullah lachend: "Das du jetzt umgesattelt hast, Viktor, wird uns kaum einer glauben."
Eine großzügige, allumfassende Geste durchführend, die dem Vater fast die Tasse mit Kaffee aus der Hand wischt (während der Fahrt)
Abdullah weiter: "Schlagzeile: Vom Sozialpädagogen zum Autoverwerter. Punkt. Ehemaliger Sozialpädagoge versucht sich als Altautohändler. Sind die jungen Mädchen nun vor ihm sicher?"
Viktor eine Faust schwingend und eine Drohgebärde vollziehend.
Vater gequält grinsend: "Wenn ich geahnt hätte, in dir nur einen billigen Spötter zu haben, wäre ich lieber alleine gefahren.
Abdullah nachdenklich: " Vielleicht finden wir ja doch noch einen Weg, deine Unschuld zu beweisen! "
Viktor Thema abschließend: "Aber nicht, so lange diese Anita noch im Heim bleibt."
Abdullah: "Wir werden sie ja wohl kaum an ihrem achtzehnten Geburtstag abholen können! Is' ja auch zu blöd, dass wir es nicht geschafft haben, damals ihren Freund ausfindig zu machen!"
Viktor: "Hast du dir schon 'mal Gedanken darüber gemacht, dass es diesen Freund möglicherweise gar nicht gibt, dass sie ihn vielleicht erfunden hat und von Anfang an nichts anderes geplant hat, als mich zu diskreditieren?"
Abdullah: "Nein, offen gestanden nicht!"
Viktor: "Du solltest bedenken, dass die Herren in den grünen Anzügen schon gekommen sind, lange bevor der erwartete Freund..."
Abdullah: "Du meinst, die haben dich systematisch mit dieser Anita in eine Falle tappen lassen, um dich abzuservieren und jemanden deine Position in dem Heim einnehmen zu lassen..."
Abdullah wirkt sehr nachdenklich.
Abdullah: "Vielleicht aus politischen Gründen, oder einfach, weil du zu humanistisch liberal warst?!"
Viktor: "Warum nicht? Oder erscheint dir das zu paranoid und abgehoben?"
Die Fahrt geht schweigend weiter, immer noch durch eine sonnenbeschienene malerische Landschaft.
Musik und Gegend.
Totale des Vaters, der neben seinem Freund leicht eingeschlummert ist. Erwachend wegen starken Abbremsens und die Augenöffnend.
Viktor: "Nein, das kann nicht dein Ernst sein!"
Abdullah: "Du musst endlich überwinden, in jeder jungen Dame nur diese Anita zu sehen!"
Totale des Gespannes, ein junges Mädchen, unter achtzehn Tramperin, zum Wagen laufend und sich ohne zu zögern auf den Rücksitz setzend, eine kleine Stoffreisetasche neben sich stellend.
Abdullah: "Wo willst du hin, junge Dame?"
Mädchen: "Egal. immer Richtung Westen!"
Abdullah grinst stutzend und fährt los.
Mädchen: "Wo fahrt ihr hin?"
Abdullah: "Einen alten Wagen holen. Wir müssen noch bis Dingenskirchen, laden da den Wagen auf und fahren dann wieder zurück!"
Mädchen nickt.
Viktor wirkt eher muffig.
Musik und Gegend.
Abdullah und Mädchen sitzen auf einer Bank neben der Scheune und trinken etwas, während der Vater mit dem Mann im roten Overall damit beschäftigt ist, den alten... mittels einer Winde auf den Anhänger zu ziehen. Es wird regelmäßig umgeblendet zwischen den Gesprächen, die sich jeweils zwischen Verkäufer und Vater ergeben, beziehungsweise zwischen Mädchen und Freund.
Viktor: "Und wie lange ist der schon nicht mehr gefahren?"
Mann den Kopf hin- und her wiegend: "So etwa seit zwölf bis fünfzehn Jahren!"
Mädchen: "Ist dein Kumpel immer so griesgrämig?"
Abdullah: "Überhaupt nicht! Es ist nur so, er ist Sozialpädagoge und arbeitete in einem Heim. Da hat man ihm so eine Sache mit einer Minderjährigen angehängt, könnte auch konstruiert gewesen sein und seit dem ist er jungen Mädchen gegenüber äußerst reserviert. Weißt du, ihm hängt immer noch dieser Makel an und nur seine besten Freunde und sein Sohn und seine Tochter haben ihm damals geglaubt, dass da wirklich nichts gelaufen ist. Dieses Mädchen hatte sich angeblich mit ihrem Freund bei meinem griesgrämigen Freund zuhause verabredet, nur dass da nie ein Freund kam, sondern die Polizei!"
Mädchen: "Scheiße! Und der hat wirklich nichts gemacht, mit der Frau?"
Viktor: "Mich wundert, dass mein Sohn plötzlich ein Interesse an solchen Autos entwickelt. Ich dachte er würde nur für seine Internetfirma leben und arbeiten. Da scheint meine Erziehung doch zu etwas gut gewesen zu sein!"
Mann im roten Overall: "Da solltest du dich nicht zu früh freuen. So weit ich weiß, soll der Wagen nicht für ihn sein, sondern verschenkt werden!"
Viktor brummt etwas unverständliches vor sich hin.
Abdullah: "Ich kenne ihn schon seit dem ich nach Deutschland kam, er war einer der Wenigen, die mir ohne Vorurteile begegnet sind. Ich weiß, was er für ein Mensch ist und ich habe erlebt, wie seine Kinder aufgewachsen sind! Nein, er hat sie nicht angerührt!"
Mädchen: "Is' ja beeindruckend, wie sehr du von dem Typen überzeugt bist! Und wie hat er diese Anschuldigungen verarbeitet?"
Abdullah: "Er hat drei Monate lang jeden Tag einen einzigen Film im Videorecorder stecken gehabt und ihn sich täglich mindestens einmal angesehen!"
Mädchen: "Und was war das für 'n Film?"
Abdullah: "Einer flog über das Kukucksnest mit Jack Nicholson von 1975. Und er hat sich einen weiteren Film aus dem Terminator II zusammengestellt. Und zwar alle Szenen des Films, die in der Psychiatrie spielen, in denen die Mutter des Jungen untergebracht war, einschließlich ihrer späteren Befreiung aus der Klapse!"
Mädchen: "Echt? I's ja Wahnsinn!"
Abdullah: "Eben!"
Gegend, Landschaft und Musik.
Das Gespann bewegt sich langsam durch eine malerische Gegend. Viktor sitzt hinter dem Lenkrad.
Viktor deutlich in den Spiegel blickend: "So, jetzt fahren wir tatsächlich eine andere Strecke; und jetzt endlich fahren wir auch nach Westen, wo du ja hinwolltest..."
Abdullah: "Da hat Viktor recht, Lena, wir sind die ganze Zeit Richtung Osten gefahren, als du Richtung Westen wolltest!"
Gegend, Landschaft und Musik. Und keine Reaktion von Lena, die scheinbar gelangweilt aus dem Fenster blickt. In Viktors Gesichtszügen baut sich langsam ein leichtes Schmunzeln auf.
Viktor: "Vielleicht ist es ja wesentlich wichtiger, wo du herkommst, als wo du hinwillst, denn letzteres kann man ganz einfach ausdrücken - weg, einfach nur weg. Nur weg von wo, von deinem Elternhaus oder aus irgendeinem Heim?"
Viktors Blick in den Spiegel bleibt erfolglos, Lena sieht immer noch schweigend aus dem Fenster. Abdullah dreht umständlich eine Zigarette und reicht sie wortlos nach hinten.
Lena: "Du kannst mich an der nächstbesten Ecke rauslassen!"
Viktor: "Kann ich, aber muss ich nicht. Vielleicht will ich dir ja nur helfen, denn so ziellos wie jetzt solltest du nicht bleiben! Nur weg, bringt nichts und ich weiß wovon ich rede!"
Lena: "So, du bist doch auch nur so ein Heimknacker, einer wie alle anderen..."
Abdullah: "Jetzt tust du ihm aber unrecht, denn er ist immer heroisch gegen die Heimstrukturen angerannt, wie Don Quichote!"
Lena: "Wie wer?"
Viktor lachend: "Ich kann dich erst rauslassen, wenn du einige grundlegende Gesetzte menschlichen Lebens und Handelns kennst!"
Lena: "Ach, du meinst die Sache mit dem Beinebreitmachen, die man in den Heimen immer sehr schnell lernen muss..."
Viktor sehr ernst: "Nein, ich meine dass du einiges anderes über das Leben wissen solltest! Wenn das mit den Beinen stimmt, werden wir dafür sorgen, dass das Heim dicht gemacht wird!"
Lena: "Ich glaube kaum, dass du in der Position bist, dich um so etwas zu kümmern!"
Abdullah: "Du hast Recht, Lena! Aber dadurch, dass er in keiner Position mehr ist, kann er anders handeln, er hat nämlich nichts mehr zu verlieren! Man hat ihm schon alles genommen, was ihm wichtig war, mit Ausnahme seiner Tochter und seines Sohnes! Vielleicht kennst du Janis Joplins Song Bobby McGEE - freedom is just another word for nothing left to lose!"
Lena voller Zynismus: "Toll, jetzt hab' ich das, was ich immer schon haben wollte, und gleich zwei - Väter - und was für welche!"
Viktor lachend: "Welche, die dir helfen wollen, die dich ernst nehmen..."
Lena: "Und die mich nicht aussteigen lassen, die mich entführen!"
Gegend, Landschaft und Musik. Langsame Ortsdurchfahrt und ein Anhalten vor einer Polizeidienststelle.
Viktor: "Bittesehr, Madam!"
Nachdem der Motor ausgeschaltet ist, steigt Viktor aus, geht vorne herum um den Wagen und nähert seine Hand dem Türgriff, um Lena die Tür aufzuhalten. Lena drückt schnell den Knopf der hinteren Türverriegelung. Viktor geht weiter und überprüft die Befestigung des alten BMW auf dem Anhänger. Zwei Polizisten kommen dazu und verwickeln ihn in ein Gespräch, in dem es um das alte Fahrzeug geht, und darum, wie schade es ist, dass solche Autos kaum noch existieren. Abdullah und Lena bleiben im Wagen sitzen. Nach einigen Minuten wird die Fahrt fortgesetzt.
Lena: "Ich hab' dir glatt zugetraut, mich bei den Bullen abzuliefern!"
Viktor: "Du scheinst dir im Zusammenhang mit uns nichts anderes als Horroszenarien vorzustellen!"
Abdullah: "Wundert dich das, du weißt doch wohl am Besten, was für ein Lebensgefühl in vielen Heimen kultiviert wird?"
Viktor: "Hast du denn keine Eltern? Wie alt bist du jetzt?"
Lena: "Sechzehn, leider erst Sechzehn!"
Abdullah: "Ich finde es schlimm, wenn jemand in deinem Alter so etwas sagen muss!"
Lena: "Wenn ich erst achtzehn bin..."
Viktor: "Ja, was dann? Du scheinst es ja nicht zu wissen!"
Lena: "Dann werde ich vielleicht meinen versoffenen Vater suchen! Meine Mutter hat mich zur Adoption freigegeben und ist unauffindbar geblieben. Irgendwie verliert sich ihre Spur auf Ibiza!"
Viktor: "Eivissa!"
Lena: "Wie?"
Viktor: "Eivissa! So nennen die Eingeborenen ihre Insel!"
Lena kramt in ihren Sachen und gibt nach einiger Zeit Abdullah ein Foto.
Lena: "Das einzige Bild von meiner Mutter!"