Links zu Texten des selben Autors: Bambule Roadmovie, Der erste Tag der Jagd, Babyport, Löcher in der Welt, Metromania, Bewegung im Raum

AN ARCHIE

Zu diesem Roman sollte der Leser wissen, dass er letztendlich einer der Beweggründe war, im Internet eine Autorenagentur zu gründen. Der Autor hatte dieses Buch mit einem Umfang von 333 Seiten 1985 fertiggestellt und war damit auf der Buchmesse in Frankfurt. Das Desinteresse der Verlage war erschreckend. Nicht ein angesprochener Verlagsangestellter war auch nur bereit, eine zwanzigseitige Leseprobe entgegenzunehmen. Danach legten die kompletten 333 Seiten eine wahre Odyssee mit der Bundespost zurück, denn sie wurden nacheinander an 9 Verlage die sich mit deutscher Science Fiction beschäftigten verschickt. Die Seiten kamen von jedem Verlag komplett innerhalb von etwa 2 - 3 Monaten zurück, nur ein Verlag in Berlin erinnerte sich nach telefonischer Rückfrage nicht mehr daran, dieses Werk überhaupt entgegengenommen zu haben, obwohl es von einem Freund persönlich abgegeben worden war.
Nur eine Rückmeldung von Dr. Rottensteiner aus Wien zeugte davon, dass der Mann das Werk nicht nur gelesen hatte, sondern sich auch eine Meinung dazu gebildet hatte, die vom Autor geteilt werden konnte. Nach seiner Meinung war in der Science Fiction die Zeit der Space-Opera vorläufig beendet und bei dem Werk würde es sich um eine Space-Opera handeln; er hatte recht.
Da nun das Werk mit einer altertümlichen Schreibmaschine geschrieben worden war, begann der Autor vor einigen Wochen damit, diese Din-A-4 Zettel mittels eines Computers einzuscannen, was wegen der schlechten Schreibmaschine sicherlich nicht einfach ist. Der Autor entschied sich dagegen, dieses Buch abzutippen, weil er es dann - es sind immerhin fünfzehn jahre vergangen - komplett anders schreiben würde.
Es ging ihm, wie er sagte, um Authentizität.
Wir haben hier nun die ersten fünfzig Seiten, es wird aber fortgesetzt.





PROLOG

Die Halle war nur halb beleuchtet, als die neun Weisen eintraten.
Gemächlich, wie es nur Mächtige können, suchten sie ihre angestammtem Plätze auf nahmen Platz und. übten sich in Geduld.
Nach wenigen Minuten der Entspannung erhob sich einer der neun Weisen, ging zu einem Podium und begann zu sprechen.
„Wie uns allen bekannt sein sollte, wird unsere Organisation, wider Erwarten, nicht von einem mächtigen Gegner bedroht, der außerhalb steht, sondern - von innen. Es ist unserem Gegner, dessen Identität wir nur vermuten können, gelungen, einen Agenten in die Organisation einzuschleusen, der sein destruktives Schaffen, von innen heraus, unerkannterweise verüben soll. Im Rahmen unserer allgemeinen Erkenntnisse, haben sich neue Fakten von ungeahnten Ausmaßen ergeben. Wir haben eine organisationsinterne Bewegung erkannt, die sich bemüht, gegen uns zu handeln. Im Rahmen unserer Erkenntnisse, den feindlichen Agenten betreffend, müssen wir zu der Schlußfolgerung kommen, daß dieser Agent innerhalb der Reihen der Abtrünnigen zu suchen, zu finden und zu eliminieren ist."
Was zuerst den Eindruck einer Kunstpause vermittelt hatte, entpuppte sich als Ende der Rede. Würdevoll, was sollte man sonst von ihm erwarten, verließ der Weise das Podium, um sich wieder auf seinem angestammten Platz niederzulassen.
Es dauerte eine Weile und noch eine Weile, bis wieder eine Bewegung wahrzunehmen war.
Eine der neun Weisen erhob sich und näherte sich mit gemächlichen Schritten dem Podium, um rein körperlich betrachtet, die gleiche Position einzunehmen, wie der Vorredner. Sie begann ihre Rede, mit einer gekonnt in die Länge gezogenen Kunstpause.
Die neun Weisen verstanden es, wie keine andere Gruppe auch untereinander Eindruck zu schinden.
„Trotz unserer Bemühungen, in jahrelanger Kleinarbeit des infiltrierten Agenten habhaft zu werden, scheint er immer noch, völlig unangfochten, innerhalb unserer Organisation aggieren zu können, ohne den geringsten Verdacht zu haben, daß wir zumindest über seine Anwesenheit informiert sind.
Nach dieser imperativen Endung verließ sie das Podium, um für einen weiteren Weisen Platz zu machen und glitt zurück auf ihren angestammten.
Noch bevor sie sich gesetzt hatte, erhob sich eine andere Weise und eilte mit zielstrebigen Schritten zum Podium, um schon, bevor sie die Stelle der Vorredner erreicht hatte, voller Inbrunst das Wort zu ergreifen.
„Ich sehe in dem eingeschleusten Agenten die größte Gefahr, die jemals unserer Organisation gedroht hat und halte darum den Einsatz unseres besten Agenten für unbedingt erforderlich."
Mit diesen Worten kehrte sie auch schon wieder zu ihrem Platz zurück, um sich schwer in ihren Sitz fallen zu lassen.
Wieder kehrte Stille ein.
Einem unbeteiligten Beobachter hätte sich der Verdacht aufgedrängt, als hänge eine immaginäre Bedrohung über dem Ort, die, gleich einem Damoklesschwert, zu jeder Zeit manifest werden könnte. Man hätte nicht zu sagen vermocht, ob die neun Weisen diese Bedrohung wahrnahmen.
Es dauerte wieder eine Weile und noch eine Weile und ein vierter Weiser erhob sich, schritt mit einer unnachahmlichen Würde zum Podium und verharrte in tiefer Meditation.
Es schienen Ewigkeiten zu vergehen, bis er mit sonorer Stimme das Wort ergriff.
„Wir dürfen uns nicht in eine Position drängen lassen, in der uns die Initiative des Handelns aus der Hand genommen wird. Es ist seit undenklichen Zeiten erklärtes Ziel der Organisation gewesen, den ersten Schlag auszuteilen, nie die Offensive aus den Händen gleiten zu lassen und immer einen Schritt weiter zu sein, als der Gegner, soweit es einen Gegner gab. Wir müssen schnell und folgerichtig handeln. Die Existenz der Organisation steht zwar bei weitem nicht auf dem Spiel, aber man kann sich nie früh genug absichern. Unsere beste Versicherung ist ein sofortiger Einsatz unseres besten und willigsten Werkzeugs. Wir werden ihm eine Liste der bekannten Abtrünnigen, und derer die wir für abtrünnig halten, geben und ihn einen nach dem anderen ausschalten lassen. Es geht letztendlich gegen jeden einzelnen von uns. Wir sind die Organisation, wir und nichts sonst. Wir müssen die Abtrünnigen zerschmettern. Die Organisation ist der einzige
Weg, den Frieden in der Galaxis zu wahren. Nur unsere Waffen können einen beständigen Frieden garantieren. Wir müssen unseren Agenten sofort in den Einsatz schicken!
Kampf der Anarchie!"
Er verließ das Podium.
Vielleicht hatte er erwartet, mit seinen Worten zustimmenden Jubel auszulösen.
Wer vermochte zu sagen, was in den Gedanken eines so mächtigen Weisen vorging?
Und nun geschah tatsächlich etwas, was in langen Jahren nie vorgekommen war.
Am Ende einer Zeit der Stille standen völlig unerwartet und ohne Übereinkunft zwei Weise auf, um sich dem Podium zu nähern.
Sahen sie einander nicht?
Doch, sie mußten sich gesehen haben.
Aber niemand kehrte an seinen Platz zurück.
Unbeirrbar näherten sie sich von zwei verschiedenen Seiten dem Podium.
Was war geschehen?
Sie erreichten zur gleichen Zeit die Stelle, von der aus normalerweise gesprochen wurde und schwiegen beharrlich. Es war offensichlich, daß derjenige, der zuerst das Wort ergriffen hätte, damit auch einen erheblichen Teil seiner Würde einbüßen mußte.
So standen sie nebeneinander, eine Weile und noch eine Weile und eine weitere Weile.
Der unbeteiligte Beobachter wird sich fragen, wie es zu so einer immanenten Anhäufung von Würde kommen kann, wobei man sich gleichzeitig gedrängt fühlen mag, nach dem Sinn. zu suchen.
Es sei kurz angemerkt, daß es einer ungeheuer langen Zeit bedarf, solche Quantitäten von Würde zu sammeln.
Nachdem eine weitere Welle vergangen war und die fünfte Weile gerade begann, stand eine der sieben sitzenden Weisen, auf und ergriff von ihrem angestammten Platz aus, ohne zu zögern, das Wort. Sie hatte mit dieser nicht üblichen und erst selten praktizierten Methode die Situation gerettet.
„Wir müssen handeln, jetzt sofort! Wir müssen ihn aus seiner Zelle holen, testen und auf den Auftrag vorbereiten.
Es geht um die Organisation! Es geht um uns! Wir sind die Organisation!"
Man fragte sich unweigerlich, wie alt müssen Weise sein, um so weise zu sein?
Die Worte der Weisen waren wie eine Aufforderung an die anderen Weisen, ihre angestammte Starre aufzugeben, sich zu erheben und den Konferenzsaal der Instruktionen aufzusuchen.
Die sechs sitzenden Weisen. erhoben sich von ihren angestammten Plätzen und machten sich auf den Weg.
Reibungslos, als wäre dieses Schauspiel schon lange und oft geprobt worden, reihten sich die drei stehenden Weisen, die vom Podium und die, welche zuletzt gesprochen hatte, in die Prozession ein.
Die neun Weisen verließen die Halle in der gleichen Reihenfolge, in der sie sie betreten hatten.
Hinter ihnen schloß sich das bis zur Decke reichende Tor. Die Beleuchtung blendete sich allmählich so weit ab, daß ein eventueller Zaungast, nur noch mit Hilfe der Infrarottechnik zu sehen vermocht hätte.
Die neun Weisen aber gingen einen langen Weg, auf verschungenen Pfaden durch ihr Reich, die Basis der Organisation. Selbstverständlich gelang es ihnen auch auf diesem Weg, die Gesammelten ihrer Würde zu wahren, obwohl ihnen in diesem Teil der Basis niemand begegnen konnte, weil hier nur die neun Weisen Zutritt hatten.
Seit undenklichen Zeiten war dieser Teil der Basis nur von den jeweiligen neun Weisen besucht worden. Die Tatsache, daß in einem beträchtigen Teil der Basis nur diese neun Personen Zutritt hatten, erklärte auch die verschlungenen Pfade, auf denen sie die Basis durchschritten, denn niemand, außer ihnen, wußte von den neun Weisen, den. Herren der Organisation.
Die Organisation war hierarchisch aufgebaut, wobei nur die offiziellen. Herren der Basis wußten, daß sie noch die neun Weisen Über sich hatten, für alle anderen waren sie unsichtbare Drahtzieher, die niemand zu Gesicht bekam, die niemand kannte und. von denen niemand wußte.
Die neun Weisen betraten einen Raum, der Beobachtungszwecken innerhalb der Basis diente. Von hier aus, konnte jeder Vorgang in der Basis optisch und akustisch überwacht werden, jeder. Sie ließen sich Zeit, eine nicht unerhebliche Teststrecke für ihren Einsatzkandidaten vorzubereiten. Sie würden ihn dann in einem speziell vorbereiteten Raum, der nur diesem Zwecke diente, informieren, was er zu tun hatte.
Außerdem veranlassten sie, daß alle in Frage kommenden Raumschiffe in einen speziellen Hangar gebracht wurden, um den Kandidaten auswählen zu lassen.
Als die Raumschiffe entsprechend ausgerüstet waren, schickten sie den Kandidaten auf die Teststrecke, denn nur wer die Teststrecke überlebte, konnte einen Auftrag der Herren der Organisation entgegennehmen.

*


Als es dann gelang, andere Sonnensysteme zu besuchen, in denen man auf intelligentes Leben stieß, machte man eine unglaubliche Entdeckung.

Achtzig Prozent der entdeckten Intelligenzwesen, sahen uns in einem Maße ähnlich, daß man nicht mehr von Zufall sprechen konnte. Die ganze Galaxis schien von Intelligenzen bevölkert zu sein, die alle miteinander verwandt, sein mußten.
Es gab wohl kaum einen namhaften Wissenschaftler oder Mystiker, der sich nicht zu einer diesbezüglichen Erklärung genötigt sah. In der folgenden Zeit gab es fast ebensoviele Erklärungen, wie namhafte Wissenschaftler.
Was aber bei allen Forschungen auffiel, war die unglaubliche Tatsache, daß nahezu auf der Hälfte der entdeckten Welten, die wissenschaftliche Entwicklung sowohl die gleichen Bahnen beschritten hatte, als auch fast gleichzeitig, mit der Erkundung des Weltraums begonnen worden war. Die andere Hälfte der Planeten, die von sogenannten Pangalaktikern bewohnt waren, befand sich in einem Entwicklungsstadium, das noch lange auf die Entwicklung der interstellaren Raumfahrt warten lassen würde.
Die von jüngeren Zivilisationen bewohnten Planeten wurden zu Sperrgebieten erklärt, die nur zu Beobachtungszwecken besucht werden durften. Selbstverständlich war es nicht möglich, galaxisweit die Besuche von interstellaren Pangalaktikern bei planetaren Pangalaktikern zu verhindern, aber immerhin stieß man doch auf ein großes Maß an Verständnis. Mit der interstellaren Raumfahrt kam dann auch das
Bedürfnis nach neuen politischen Systemen, wodurch bedingt ist, daß danach eine Zeit des Chaos und der Anarchie...

Aus Kommentare zur Entwicklung der pangalaktischen

Intelligenzen 751 nach der großen Entdeckung

*


Der Mann kroch keine zwei Meter von mir entfernt vorbei, ohne mich zu bemerken.
Ich hatte mir in diesem Busch ein gutes Versteck ausgesucht, das ich auch, ohne zu rascheln, verlassen konnte. Die Dunkelheit hatte in den letzten Minuten erheblich zugenommen.
Ich versuchte den anderen auszumachen, was mir aber nicht gelang.
Knirsch!
Das war direkt hinter mir!
Sollte er mich entdeckt haben?
Nein! Es konnte nur Zufall sein, daß er hier vorbeikam.
'Zufall?!' Die vertraute Stimme entstand direkt in meinem Bewußtsein und hatte den Sinn, mich von abstrusen Gedanken abzuhalten. Ich korrigierte meinen Gedankengang und postulierte, daß er mich entdeckt haben mußte.
Knack!
Das Geräusch kam von rechts hinten, der Fremde hatte sich also bewegt. Da er sich an mir vorbeibewegte, nahm ich an, daß er mich möglicherweise nicht entdeckt hatte, oder mich zumindest in Sicherheit wiegen wollte.
Es war inzwischen so dunkel geworden, daß ich mich geräuschlos aus dem Gebüsch rollte, ohne gesehen. werden zu können.
Der Brunnen ragte als noch dunkleres Chemen aus der Schwärze, so daß ich mich daran orientierend langsam auf ihn zuzubewegen begann.
Gebückt schlich ich durch die Dunkelheit, immer auf Geräusche der anderen achtend, die wahrscheinlich verharrten, um mich mit ihrem Gehör zu orten.
Als ich den Brunnen fast erreicht hatte, bekam ich einen mörderischen Schlag in den Rücken, der mich zu Boden schleuderte.
Ich blieb regungslos liegen und spürte hinter mir eine Bewegung.
Das Grölen der Kegler ging unter, wenn ich mich konzentrierte wurden unwichtige Geräusche ausgefiltert. Ich hielt die kleinste Kugel in der Hand, holte aus und machte zwei Schritte nach vorn. Ich spürte hinter mir eine Bewegung, die ich als schnell einstufte und hielt die Kugel fest.

Der Kegler, der die Kugel vor den Kegeln abfangen -wollte, rannte an mir vorbei, hinter der nicht vorhandenen Kugel her, die ich noch in der Hand hielt.
Im letzten Augenblick wirbelte ich herum, um die Stelle zu verlassen, an der ich eben noch gelegen hatte. Den Speer, der an der Stelle aus dem Boden ragte, die ich soeben verlassen hatte, konnte ich mehr ahnen als sehen.
Ich sprang auf die Beine und versetzte dem Speerträger einen Schlag. Durch meinen Fehler den Speerträger zu Übersehen, hatte ich mich in ernsthafte Gefahr gebracht.
Ein Sirren vom Brunnen!
Mit einem Satz brachte ich mich aus der Gefahrenlinie.
Mein eigentliches Ziel, der Brunnen, war zur Zeit nicht zu erreichen, ohne ein unkalkulierbares Risiko einzugehen. Wenn ich meine Jäger nicht sehen konnte, konnten mich auch meine Jäger nicht sehen, an dieses Gesetz würden sie sich halten. Ich verzichtete auf die Infraroteinrichtungen meiner Augen, weil man es in der Testzentrale bemerkt hätte. So lange ich nichts erkennen konnte, konnten meine Gegner auch nichts sehen.
Ich rührte mich nicht und lauschte. Normalerweise mußte ich davon ausgehen, daß auch meine Gegner jetzt lauschen würden, denn sie hatte den Vorteil, der längeren Zeit. Ich mußte versuchen durch den Brunnen zu gelangen, sonst gab es für mich keine Möglichkeit, den Garten zu verlassen. Aber diese Information fehlte meinen Gegnern. Sie wußten nur, daß sie mich innerhalb des Gartens töten sollten, ohne zu wissen, welche Möglichkeit des Verlassens mir blieb.
Mir gefielen die Spielregeln auch nicht, ich hatte sie nicht gemacht.
Ich schien keine andere Möglichkeit zu haben, als die Initiative zu ergreifen.
In einem weiten Bogen schlich ich durch den Garten, um zu versuchen, mich dem Brunnen von einer anderen Seite zu nähern. Ich durfte nicht das Risiko eingehen, daß meine Gegner auf den Brunnen aufmerksam wurden. Ich wollte mich bücken, um einen Stein aufzuheben, den ich in die richtige Richtung werfen wollte, um meine Gegner, die den Stein durchschauen würden. doch noch in die falsche Richtung zu schicken. Was ich aber ergriff, war alles andere als ein Stein. Ich griff zu, mit aller Kraft, die mein Körper hergab, warf mich mit meinem ganzen Gewicht
herum undbrach dem Mann mit einer Drehbewegung den Arm. Ein dumpfer Laut drang aus seiner Kehle. Ich trat zu. Jetzt brauchte ich keinen Stein mehr zu werfen, weil ich sicher sein konnte, daß mein verbliebener Gegner auf dem direkten. Weg zu mir war.
Was mich wunderte, als ich zum Brunnen rannte, war die Tatsache, daß der Knochen des Mannes zu leicht zu brechen gewesen war.
Kopfüber sprang ich in den Brunnen, der gar kein echter Brunnen war. Der Grund des Schachtes war mit dünnen, harten Matten ausgelegt, die kaum nachgaben, als ich mich abrollte.
Im Infrarotbereich meiner Augen konnte ich eine Tür erkennen.
Als ich sie öffnete, wurde ich von der strahlenden Helligkeit irritiert, die auf dem dahinterliegenden Gang herrschte.
Augenblicklich blendeten meine Augen. ab. Hatten wir schon Wachperiode?
Ich verschloß die Tür wieder hinter mir und ging nach rechts.
Es war niemand zu sehen, darum beschleunigte ich meine Schritte und bog in den nächsten Gang ein, der ein Nebenkorridor war. Nach einigen Metern gelangte ich in eine kleine Verteilerhalle, in deren Mitte ein Naturkübel stand in dem völlig andere Pflanzen. wuchsen, als in dem Garten, den ich soeben verlassen hatte. Ich umrundete den Kübel und setzte meinen Weg in der ursprünglichen Richtung fort.
Dieser Gang war -nicht so stark beleuchtet, wie die vorherigen.
In regelmäßigen Abständen zweigten Seitengänge ab, die teils dunkel, teils mäßig beleuchtet waren.
Als ich vor mir im Gang ein. Geräusch hörte, machte ich einen Satz zurück und setzte meinen Weg in einem Seitengang fort.
Irrte ich mich, oder wurde es wirklich dunkler? Spielten mir meine Sinne einen Streich?
In so einer Situation kann man nur immer seine schlimmsten Befürchtungen für völlig reale Bedrohungen halten, um zu bestehen. Also nahm ich an, daß man mich entdeckt hatte und begann zu rennen.
Der Gang beschrieb eine leichte Biegung nach rechts. Ich glitt aufgrund meiner hohen Laufgeschwindigkeit mit dem linken Arm an der Wand entlang.
Ssssst, krach!
Hinter mir war ein Schott zugeknallt. Jetzt wußte ich genau, daß man mich entdeckt hatte.
Sssssst , krach! Wieder hinter mir. Ich versuchte schneller zu laufen.Der Gang wurde wieder gerade. Scheiße! Direkt vor mir stand Wasser im Gang! Ich konnte nicht mehr anhalten, der Boden verschwand unter meinen Füßen. Ich versuchte einigermaßen elegant im Wasser anzukommen, was mir aber gründlich misslang.
Als ich ins Wasser getaucht war, gab es kein Zurück mehr. Vor Wasser hatte ich fast so viel Angst gehabt, wie vor dem Feuer. Man sollte sich in allen Lebenslagen eine gesunde Portion Angst bewahren. Wenn man dann aber einmal in eine Situation gerät, vor der man Angst hatte, gab es nur eins.
Die Angst beseitigen!
Es gab keine Alternative.
Ich versuchte erst rar nicht, aufzutauchen, sondern tauchte der Strömung des Soges folgend in die Tiefe, um Kraft und Sauerstoff zu sparen.
Die Strömung -wurde immer stärker. Ich versuchte ohne viel Anstrengung in der Mitte der pipelineartigen Röhre zu bleiben. Es würde sich in den nächsten Minuten sowieso keine Gelegenheit zum Atmen ergeben.
Ich sollte recht behalten. Es dauerte eine ziemlich lange Zeit, bis ich fühlte, daß die Strömung Fallgeschwindigkeit annahm. Es ging nun senkrecht in die Tiefe.
Jähe Helligkeit blendete mich, als die Röhre zu Ende war und ich in einem Wasserstrahl, von der Decke einer hohen Halle aus, in den See des letzten Zuckens stürzte.
Auch in der Wassersäule hatte ich keine Gelegenheit, zu atmen. Ich hatte irgendwie das Gefühl, noch einige Zeit ohne die Möglichkeit des Luftholens auskommen zu müssen und aktivierte durch einen Gedankenimpuls den anaeroben Sauerstoffspeicher meines Körpers, der immer dann in Aktion zu treten hatte, wenn ich länger als drei Minuten die Luft anzuhalten hatte.
Ich tauchte mitsamt dem Wasserstrahl in den See, den ich nur von Erzählungen her kannte. Es war mir klar, daß die nächsten Minuten entscheidend sein würden.
Ein Schatten glitt unter mir durch.
Es war ein ungefähr vier Meter langer Hai.
Es ist nicht einfach, Entfernungen und Größen unter Wasser zu schätzen. Ich schwamm tiefer und versuchte mich dem Hai von hinten zu nähern. Er glitt langsam dahin. Als ich ihn, von hinten oben erreichte, befand ich mich außerhalb seines Gesichtsfeldes. Ich verzichtete bewußt auf mein Messer, um nicht zu viele Haie auf einmal anzulocken.
Er hatte verspielt, als ich ihn. mit beiden Armen umschlang und seine Kiemen zudrückte. Da nutzte ihm auch sein wahnsinniges Schwanzschlagen nichts mehr. Er tauchte immer tiefer und zog mich mit. Ich verstärkte meinen Druck, bis seine Bewegungen erlahmten. Als ich ihn nach seinem letzten Aufbäumen losließ, drehte er sich auf den Bauch und schwebte majestätisch langsam dem Grund des Sees entgegen.
Der nächste Hai ließ sich nicht so einfach überrumpeln. Er schoß mit eindeutiger Absicht auf mich zu. Er war größer als der Erste. Als er nah genug heranwar, schlug ich seinen Kopf zur Seite und umschlang seinen Körper. Als ich zudrückte, bemerkte ich, daß ein Knorpelskelett auch seine Vorteile hatte.
Ich mußte einen wesentlich höheren. Druck ausüben, als bei einem knöchernen Skelett nötig gewesen wäre. Es dauerte eine Weile bis die Knorpelwirbel nachgaben. Der Zweite drehte sich auf den Rücken.
Meine Hoffnung bestand darin, daß nicht mehrere Haie auf einmal angreifen würden. Ich durfte aus diesem Grund kein Blut vergießen. Es war schon schlimm genug, daß das Zappeln der Haie Artgenossen anlockte. Dem Nächsten brach ich ein paar Zähne ab und riß ihm das Maul so lange auseinander, bis die Kaumuskeln rissen.
Langsam, aber zielstrebig hatte ich mich einem Schott, auf dem Grund des Sees genähert, in dessen Mitte ein Handrad prangte. Als ich eine kleine Ruhepause hatte, drehte ich am Rad, daß Schott öffnete sich. Ich beeilte mich, durch die schmale Öffnung zu gleiten, um das Schott wieder hinter mir schließen zu können.
Eine Pumpe pumpte das Wasser ab und ich öffnete das innere Schleusentor, um tief durchzuatmen und im Rahmen einer Hyperventilation mein Sauerstoffreservoir wieder aufzufüllen. Hinter der Schleuse befand sich ein Raum, der mit allerlei technischem Gerät aus dem letzten Jahrhundert angefüllt war. Ich zwängte mich zwischen, den Rohren und Schläuchen hindurch, um in eine enge Röhre zu kriechen, durch die ich den Raum verlassen wollte.
Ich beobachtete, daß ich unwillkürlich, im Rahmen meiner Atmung,die ganze Vitalkapazität meiner Lunge ausnutzte, um das Sauerstoffdepot so schnell wie möglich wieder füllen zu können. Man konnte nie wissen, wann man wieder auf seinen Sauerstoffvorrat zurückgreifen mußte.
Am Ende der Röhre fand ich ein Handrad, durch das ein Schott von so geringem Durchmesser geöffnet werden konnte, daß ich mich fragte, ob ich mich erfolgreich hindurchzwängen konnte. Als ich an dem Handrad zu drehen versuchte, mußte ich. mit Erstaunen feststellen, daß es einem üblichen Kraftaufwand widerstand. Eigentlich hätte es mir nun schon klar sein müssen, daß es keinen Sinn hatte, in- einem solchen Fall die Muskelkraft zu potenzieren, aber in dieser Richtung verschwendete ich keinen Gedanken.
Ich versuchte, mit kontinuierlich ansteigender Kraft zu drehen. Das Rad gab nach, aber zu abrupt, ich hatte es abgedreht und legte es zur Seite.
Einige Klopfversuche zeigten mir, an welchen Stellen hinter der Röhrenwand keine massiven Widerstände zu erwarten waren. Ich potenzierte meine Kraft, spreizte Zeige-und Mittelfinger ab und stach zu. Meine Finger steckten im Metall der Röhre. Mit gekrümmten Fingern riß ich einen Streifen des Materials heraus und erweiterte die Öffnung, bis sie so groß war, daß ich mich hindurchquetschen konnte.
Ich befand mich in einer Halle von beachtlicher Größe, unter deren hoher Decke helle Beleuchtungsquadrate hingen.
Ich stellte mich seufzend in Positur. Mir gegenüber standen an die fünfzig Männer in Ritterrüstungen, bereit, mich am durchqueren der Halle zu hindern.
Der Erste kam auf mich züi und hob sein Schwert mit beiden Händen. Seine Augen schienen unter dem Visier zu funkeln, was ich mir auch vielleicht nur einbildete.
Ich wußte, daß man diesen Männern erzählt hatte, daß von ihrem Eingreifen der Bestand ihrer christlichen Kultur abhängen würde. Sie hatten den festen. Vorsatz, mich nicht lebend aus der Halle zu lassen, um ihre Zivilisation vor dem Teufel zu bewahren, Ich kannte und haßte solche Situationen, seit dem ich denken konnte. Das hätten sich die Herren der Organisation wirklich sparen können. Es widerstrebte mir, unschuldige Leute zu verletzen, oder gar töten zu müssen, deren Verstand nur in Kreuzzugmaßstäben zu funktionieren vermochte. Es wurde Zeit, mit so wenig Blutvergießen wie möglich, die Halle zu durchqueren. Mein Problem bestand darin, daß ich nicht vorauszusagen vermochte, in welchem Grad die antquierten Herren raumangepaßt worden waren.
Ich wich seinem ersten, Schwerthieb aus, stellte fest, daß seine Bewegungen von der schweren Rüstung kaum behindert wurden und kam zu der Schlußfolgerung, daß man diese feudalen Rittersleut raumangepaßt hatte, um mir keine zu große Chance zu lassen.
Hakenschlagend und Ritter zur Seite stoßend bahnte ich mir einen Weg durch die Halle, immer bedacht, den ritterlichen Mordinstrumenten auszuweichen. Ich ging sehr vorsichtig vor, weil ich in früheren Zeiten schon die Erfahrung gemacht hatte, daß man Ritter nicht immer mit harmlosen Stahlschwertern ausgerüstet hatte, sondern ihnen auch Vibratoren auf Kompristal gab, die einem Raumangepaßten ohne Schwierigkeiten ganze Körperteile abtrennen konnten.
Ich wich Hieben und gerittenen Attacken aus und befand mich innerhalb kürzester Zeit mitten im Tumult.
Die Ritter taten ihr Bestes, behinderten sich aber gegenseitig, weil jeder glaubte, ihm müsse die Ehre zuteil werden, den Teufel zu erschlagen.
Als es mir nach langen Minuten endlich gelang, die Halle zu verlassen, atmete ich auf weil ich sicher war, keinen der Kreuzfahrer ernsthaft verletzt zu haben. Ich selbst war wohl mit einigen blauen Flecken davongekommen.
Durch ein. riesenhaftes Portal kam ich in die nächste Halle, auf deren Boden eine verwilderte Parklandschaft angelegt worden war.
Mit einem Satz sprang ich hinter den nächsten Busch und sah an der Stelle, an der ich kurz vorher noch gestanden hatte, eine Sandfahne aufsteigen. Sekundenbruchteile später kam der detonative Knall bei mir an.
Man hatte also Scharfschützen auf mich angesetzt.
Scharfschützen, die ohne Schwierigkeiten auf unbewaffnete schossen. So etwas hatte mir noch nie gefallen.
Wer konnte es schon gutheißen, unbewaffnete wie Hasen abschießen zu lassen? Wut kam in mir auf, eine Wut, vor der ich schon immer Angst gehabt hatte. Es war die Angst, vor der Unberechenbarkeit meine Selbst. Ein weiterer Schuß bellte auf, wobei aber kein Einschlag in. meiner unmittelbaren Nähe festzustellen war. Als ich mich um
sah, lag ein gottesfürchtiger Kreuzfahrer erschossen am Boden, der mir in die Halle der Flintenträger gefolgt war.
Die Wut entglitt meiner Kontrolle. Es erforderte eine unsagbare Konzentration, bei diesem Spiel zu bestehen. Die Eingeborenen spielten es schon als Kinder.
Ich konnte mit ihren Erfahrungen nicht mithalten. Mit äußerster Konzentration, verdrängte ich alle Konsequenzen, die meinem Versagen. folgen würden. Ich hatte keine Zeit für solche Überlegungen, nicht jetzt.
Eine schnelle Bewegung, auf der anderen Seite des Platzes, das Chemen der Kugel und mein subcortikales Handeln.
Ich hielt die Kugel in der Hand, wir hatte. gesiegt, wir...
Erst, als ich die Halle der Scharfschützen verließ, gewann ich die Kontrolle über mich zurück. Die toten Flintenträger konnte ich nicht bedauern. Allerdings ist es nicht einfach, die Kontrolle über sich zu verlieren, und hinterher zu handeln, als wäre nichts geschehen; besonders, wenn man die Kontrolle in einem Maße verlor, wie ich und sich hinterher an nichts erinnern konnte.
Es war mir völlig klar, daß ich die Scharfschützen getötet haben mußte, um die Halle zu verlassen und diesen Gang zu erreichen, aber es war äußerst beunruhigend, daß es unter Umgehung meines Wachbewußtseins geschehen war. Ich hatte Angst, einmal aus einer solchen Bewußtseinstrübung nicht mehr zu erwachen und so ein schnelles unbewußtes Ende zu finden. Oder war es möglich, daß man in einem solchen Fall, bewußtseinsmäßig in irgend einer imaginären Welt blieb, die zum Ausbildungsprogramm gehört hatte?
Es hatte keinen Sinn, sich jetzt, angesichts unmittelbarer Gefahren, Gedanken darüber zu machen. Außerdem bestand dann die Gefahr, daß man bewußtseinsmäßig wieder in die Imagination versank und im Nachhinein zu rekonstruieren hatte, was man in der Zwischenzeit so alles getan hatte, nein danke.
In der nächsten Halle konnte ich nichts als glatte Wände erkennen. Der Boden war glasglatt und spiegelblank.
Ich ging mit einem unguten Gefühl weiter, nicht daß ich Angst vor großen Plätzen hatte, aber Deckungsmöglichkeiten sollte es schon geben. Selbstverständlich war ich auch kein Claustrophilist.
Ich beobachtete aufmerksam die Wände. Der einzige Ausgang lag, auf der gegenüberliegenden Seite der Halle,was mir einen langen Weg einhandelte.
Die Decke der Halle war ausgesprochen hoch, kuppelartig und so glatt wie der Boden.
Ich verstärkte meine Sinneseindrücke und stellte während der Umstellung fest, daß sich meine Hyperventilationsatmung gelegt hatte, was mir bislang noch -nich t aufgefallen war, man konnte auch nicht auf alles achten.
'Muß man aber!' das war mein Gedankenkorrektor und er hatte recht.
Ich versuchte meine Aufmerksamkeit noch weiter zu steigern. Den Gedanken, die Halle im Laufschritt zu durchqueren, verwarf ich sofort wieder. Es hatte keinen Sinn. Wenn man mich an einer bestimmten Stelle der Halle angreifen wollte, würde man es tun, ob ich nun ging oder lief.
Die Mitte der Halle war erreicht, wenn ein Angriff erfolgte, dann jetzt.
Richtig! von der Decke aus stürzten sich zwei Flugscheiben auf mich.
Keine -Deckung!
Keine Panik!
Ich wartete und sprang im letzten Moment zur Seite.
Sie umkreisten mich geräuschlos. Ich bewegte mich vorsichtig zum Ausgang der Halle, jederzeit bereit, auszuweichen.
Was für eine Veränderung ging da an den Flugscheiben vor sich?
Und dann wußte ich es. Mit einer ungeheuren Präzision gaben die Scheiben Strahlschüsse von schwacher, aber schmerzhafter Intensität auf mich ab.
Ohne daß ich einen entsprechenden Gedankenbefehl gedacht hatte, wurden Analgetika in mein Blut gepumpt, um die Schmerzschwelle zu erhöhen, um nicht abgelenkt zu werden.
Ich sprang zur Seite. Es erwies sich als fast unmöglich, auf beide Gegner zu achten. Ich sprang wieder. Man hatte mich knapp verfehlt. Noch ein Sprung. Die -Angriffe erfolgten in immer kürzeren Zeitabständen.
Meine Ausweichmanöver stammten aus einem präcognitiven Instinkt, der in mir wachgerufen wurde.
Ich bewegte mich zwar immer noch zielstrebig auf den Ausgang zu, mußte dabei aber Umwege in. Kauf nehmen. Die Flugscheiben, folgten mir und umkreisten mich.
Verdammt! Ein Treffer! Diesmal schmerzhafter als beim ersten Mal. Wahrscheinlich, würden sie die Kapazität langsam bis zur tötlichen Dosis steigern.
Ich konnte nur hoffen, daß die Berechnungskapazität ihrer Computer nicht ausreichte, um ein System in, meinen Ausweichmanövern zu finden. Ich hatte zwar kein bewußtes Ausweichsystem und überließ die Richtungsentscheidungen meinem Unterbewußtsein, aber auch mein Unterbewußtsein konnte nach einem willkürlichen. System arbeiten.
Es kam auch keine der Flugscheiben nah genug an mich heran, um einen Gegenangriff meinerseits zu ermöglichen. War das die Rache für die Scharfschützen, daß man mir nun keine Chance gab?
Ich sollte mich nicht irren, man verringerte meine Chancen sogar noch dadurch, daß man zwei weitere Flugscheiben in die Halle schickte, die den einzigen Ausgang bewachten.
Ein Zurück gab es nicht, ich konnte eine Halle nie durch den Eingang verlassen. Ein solches Verhalten hätte zu meiner sofortigen Desintegration, geführt.
Den Ein-Gang konnte ich auf keinen Fall als Aus-Gang benutzen.
Der Ausgang wurde von zwei Flugscheiben bewacht. Die Decke war zu hoch.
Ich bewegte mich mittlerweile hakenschlagend und richtungswechselnd an der Wand entlang und versuchte einen Abstand von fünf bis zehn Metern einzuhalten.
Ich konnte nur hoffen, daß meine Geschwindigkeit ausreichen würde und potenzierte meine Körperkraft und Widerstandsfähigkeit bis zum Äußersten.
Je länger ich in der Halle blieb, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit eines tötlichen Treffers.
Ich setzte alles, was meinem Körper an Kraft zur Verfügung stand, in den Sprung.
Wie das von einer Kanone abgefeuerte Geschoß, durchschlug ich die dünne Kunststoffwand und blieb benommen in dem dahinterliegenden Geräteraum liegen.
Ich war den mörderischen Flugscheiben entkommen.
Der Geräteraum war bis zur Decke angefüllt mit Gegenständen, die wie Theaterkulissen aussahen. Wo war der Ausgang?
Schritte Hinter der Wand mußte sich ein Gang, befinden.
Da ich ohnehin dieser Übung überdrüssig war, entschloß ich mich zur Flucht nach vorn.
Ich nahm Anlauf und durchschlug die Wand. Tatsächlich ein Gang. Die Schritte waren verstummt, niemand zu sehen.
Ich -wandte mich nach links und setzte meinen Weg, fort, die Lust, um mein armseliges Leben zu kämpfen war mir ohnehin vergangen. Aber es war mir unmöglich, mich von einer der zahlreichen Gefahren töten zu lassen, um nicht wieder in die Zelle zu müssen, wenn ich einen Auftrag erfolgreich beendet hatte, beim Misserfolg gab es sowieso kein zurück. Mein Selbsterhaltungstrieb war ungeheuer sterk ausgeprägt.
Die Schritte waren wieder zu hören, diesmal direkt hinter mir.
Doch als ich mich umdrehte verstummten sie und niemand war zu sehen.
Wollte man mich psychisch fertig machen?
Ich ging weiter und hörte die Schritte wieder hinter mir.
Als ich sah, daß der Gang in der Ferne einen Neunziggradknick machte, wußte ich, wie ich mich vergewissern konnte, ob mir ein akustischer Streich gespielt wurde oder nicht und begann zu rennen. Mit Befriedigung mußte ich feststellen, daß die mir folgenden Schritte, nun ebenfalls zu rennen begonnen hatten.
Am Neunziggradknick verringerte ich meine Geschwindigkeit nur unerheblich, sprang die Wand an, stieß mich mit den Beinen ab und flog zurück, in die Richtung, aus der ich gekommen war.
Was ich vor mir sah, war nichts als leerer Gang, bis zum Aufprall.
Ich war nicht weiter als drei Meter zurückgeflogen, als ich auf ein unsichtbares Hindernis stieß. Ich griff sofort zu, noch während der Unsichtbare und ich zu Boden stürzten und hielt ihn fest. Als wir auf den. Bodenbelag des Gangs prallten, hörte ich deutlich, daß die Luft, infolge meines hohen Gewichts, pfeifend aus seinen Lungen wich. Er rührte sich nicht mehr.
Ich tastete ihn ab und fand an seinem Gürtel einen kleinen quaderförmigen Kasten. Das mußte es sein. Es sah schon merkwürdig aus, meine Hände verschwanden, wenn ich ihn berührte. Ich näherte mich ihm mit dem Gesicht, und war nicht überrascht, daß er für mich sichtbar wurde, wenn meine Augen sich ihm bis auf zwanzig Zentimeter genähert hatten. Ich bewegte meinen Kopf zurück und der Unsichtbare war wieder verschwunden.
Mittlerweile hatte ich den kleinen Kasten von seinem Gürtel entfernt und einen Knopf gefunden. Das Unsichtbarkeitsgerät war desaktiviert. Ich ließ den Fremden bewußtlos zurück und setzte meinen Weg fort.
Ich kam nicht weit, vor mir entstand eine Energiebarriere, die mich zum halten zwang. Ich brauchte mich nicht umzusehen, um zu wissen, daß man mich in ein Energiefeld gehüllt hatte, aus dem es kein Entkommen gab.
Ich hatte meine Prüfung bestanden.
Ein leeres Gefühl machte sich in mir breit, so wie es immer war, wenn ich unmittelbar vor einem neuen Auftrag stand.
Was würde es nun sein? Sollte ich wieder Planeten besuchen, deren Bewohner noch in Höhlen hausten, oder sollte ich fremden Raumschiffen nachjagen?

*


Es gibt es doch immer noch erschreckend viele Institute, die die Meinung vertreten, das Bedürfnis nach neuen politischen Gesellschaftsformen, wäre erst mit Beginn der interstellaren Raumfahrt zum Tragen gekommen.
Tatsächlich ist es aber so, daß in jeder natürlich aufwachsenden Intelligenz, der genügend pluralistische
Informationen zur Verfügung stehen, das Bedürfnis nach uneingeschränkter Freiheit nicht zu unterschätzen ist.
Mit der interstellaren Raumfahrt gab es erstmals die Gelegenheit, diese neuen Staatsformen, die keine Staatsformen waren, auszuprobieren.

Konflikte im pangalaktischen Gedankengut

Nestor von Levtan

*


Es dauerte nicht lange und das weiße Energiefeld wurde durchsichtig. Ich stand nicht mehr in dem Gang, in. dem mein Test beendet wurde, sondern in. einem Raum, der nur in der Mitte, in der ich nun stand, beleuchtet war.
Ich konnte, wie immer nichts erkennen, auch das Infrarotlicht wurde von den Scheinwerfern überstrahlt, die auf mich gerichtet waren. Ich konnte nur vermuten, daß um mich herum, außerhalb meines Wahrnehmungsbereichs, ein runder Tisch stand, an dem die Herren der Organisation Platz genommen hatten, um mich zu instruieren.
Ich bewegte mich nicht und unterbrach die Verbindung zwischen dem Emotionalteil meines Gehirns und der Gesichtsmuskulatur. Egal was man, sagte, man würde keine Gelegenheit haben zu erfahren, daß ich mir Gefühle erlaubte.
Man richtete das Wort an. mich, die Stimme schien aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen.
„Du hast den Test bestanden!"
Das war Überflüssig, denn man hatte den Test immer bestanden, wenn man überlebte.
Ich hatte es schon lange aufgegeben, zu erfahren, wer die Herren der Organisation waren, ob sie sich nun tatsächlich mit mir in einem Raum aufhielten oder nicht. Wenn man sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, konnte man Schatten erahnen, oder sich zumindest einbilden, Schatten zu erahnen. Ich glaube, ich wollte gar nicht mehr wissen, wer sie waren, diese uneingeschränkten. Herrscher Über Leben und Tod so vieler Wesen. Ich nahm zumindest an, daß ich meine Aufträge von den Herren der Organisation erhielt, konnte aber nicht sicher sein. Die Stimme konnte man nicht als weiblich oder männlich einstufen, sie war beides und auch beides nicht.
Ich war mir darüber im Klaren, daß es sich höchstwahrscheinlich um eine Automatenstimme handeln mußte.
Irgendwie hatte man mich für einen Auftrag ausgewählt, weil man mich für jemanden hielt, der Aufträge ohne zu fragen erfüllte, was ja auch der Realität entsprach, wobei es ungeklärt blieb, was für Konsequenzen Fragen haben würden.
Nach einer eindrucksvollen Kunstpause richtete man das Wort wieder an mich.
„Du bekommst einen Auftrag, 5710! Wenn du versagst, werden wir dich auslöschen. Du wirst eine Liste erhalten, von Personen, die du töten sollst. Du wirst gleichzeitig die Organisation, die hinter diesen Leuten steckt, zerschlagen. Wie immer stehen Schiffe im Hangar bereit. Du findest alles nötige an Bord des Schiffes, das du erwählst. Und - die Personen sind äußerst gefährlich, gefährlich für uns alle."
Das war neu, man hatte mich noch nie gewarnt. Es würde wohl seinen Sinn. haben, äußerst vorsichtig zu Werke zu gehen. Die Stimme, die ich nicht beschreiben kann, verstummte, das Energiefeld wurde wieder weiß und ich erahnte einen Transport.
Als das Energiefeld. erlosch, stand ich in einem röhrenförmigen Korridor von beachtlichem Durchmesser, der, wie ich vermutete, zu den Raumschiffen führte.
Vor mir öffnete sich ein Tor und ich betrat die Halle, die in ihrer Riesenhaftigkeit ihres Gleichen suchte. Alle möglichen Raumschiffstypen waren hier zu finden. Ich wußte, daß sie alle die gleichen verborgenen Qualitäten aufwiesen. Ich suchte nach einem Raumschiff, das noch keine Spuren eines Einsatzes aufwies, also mit mir seinen ersten Einsatz haben würde. Es dauerte einige Zeit, bis ich vor einem Allzweckraumer stand, der nicht einen Kratzer aufwies und sicher noch nie im Vacuum des Alls gewesen sein konnte.
Dieser Raumer war eine zylindrische Konstruktion von hundert Metern Höhe und. mit einem Durchmesser von ebenfalls hundert Metern. Ich hatte immer schon Kleine und kompakte Typen bevorzugt, die auf fremden Raumhäfen gar nicht auffielen.
Dieser Raumer war in jeder Beziehung genau das Richtige für mich, was augenblicklich zu einer besseren Stimmung, meinerseits führte.
Die Hauptschleuse öffnete sich ohne zu zögern, als ich auf sie zutrat.
Im Schiffshangar konnte ich, alle möglichen Arten von kleinen bodengebundenen Fahrzeugen erkennen, die zwischen ultraleichten Schwebern und Lastenschwebern herumstanden. Ein Teil dieser Fortbewegungsmittel sah schon reichlich alt aus, also würde ich für jeden Planeten das richtige Forbewegungsmittel haben.
Wenn das Raumschiff so neu war, wie ich dachte, war es nicht verwunderlich, daß es noch kein Wort gesagt hatte. Wahrscheinlich würde es warten, bis ich die Zentrale erreicht hatte.
Ich fuhr mit dem Lift, der über eine manuelle Steuereinheit verfügte, zur ungefähren Mitte des Zylinders, wo sich die Zentrale befand. In der Zentrale fand ich die Zylinderform wieder, Wände, Decke und Boden zeigten sich in einem beruhigenden gelb. Ich konnte die Farbe jederzeit ändern lassen, wenn ich wollte. Ich legte mich in den Kommandositz, entspannte mich und rief mit meinen Gedanken das Schiffsbewußtsein.
Es war üblich, daß der erste Kontakt in der Zentrale erfolgte.
'Ich bin bereit zum Empfang, der Informationen!'
In meinen Gedanken vernahm ich die direkte Antwort. Es hatte sich, herausgestellt, daß eine Gedankenverbindung die absolute Kommunikation zwischen. Raumern und Passagieren ermöglichte.
'Ich bin bereit, 5710! Die Informationen kann ich dir noch nicht geben, sie sind gesperrt, bis wir uns im Raum befinden. Erst wenn wir die Basis hinter uns gelassen haben, kann ich über alle Informationen verfügen.'
Das war noch nie vorgekommen, ich beschloß, mir diesen Umstand, wie auch die Warnung tief einzuprägen.
Na gut, Zeit ein gutes Verhältnis zum Schiff aufzubauen.
'Ab jetzt bin ich nicht mehr 5710, sondern Erdan. Ich werde auch dir ein-en Namen geben - was hältst du von Vipah?'
'Danke, Erdan, Vipah ist nicht nur mein erster Name, sondern auch ein Name, der mir gut gefällt.'
Sehr schön, mehr hatte ich nicht wissen wollen. Wenn ich Vipah den ersten Namen gegeben hatte, war das gleichzeitig auch. der allererste Raumaufenthalt für sie.
Für sie!
Sie! Klangen meine Gedanken nach. Es war eine Eigenart von mir, Raumschiffen eine weibliche Persönlichkeit anzudichten.
Jedenfalls konnte ich jetzt sicher sein, daß Vipah ihren ersten Weltraumaufenthalt als Raumschiff mit mir hatte, was mir wichtig war, weil die meisten Leute weder Gefühl, noch Verständnis für Raumschiffbewußtseine aufbrachten. Der erste Raumaufenthalt konnte ein Schiffsbewußtsein schädigen, wenn nicht ruinieren, aber das war und ist den meisten Leuten ja sowieso egal.
Ich war immer schon. bestrebt gewesen, nur mit Raumern in den Einsatz zu gehen, die ihren ersten Raumaufenthalt mit mir erlebt hatten, auf solche Schiffsbewußtseine konnte ich mich besser verlassen, als auf mich selbst.
Zufrieden mit mir und meinem Glück, was Vipah anging, nahm ich wieder Kontakt zu ihr auf.
'Vipah! Hast du was dagegen, wenn ich hier in der Zentrale bleibe, während. du die Basis verlässt, oder soll ich mich schon mal ausruhen?'
'Vielleicht kannst du ja auch in der Zentrale bleiben und dich ausruhen, während ich die Basis verlasse. Ich kann dich ja wecken, wenn der Abstand zur Basis ausreicht, um dich voll zu informieren.'
Ich merkte, daß sie zögerte.
'Erdan?! Vielleicht, könntest du doch inzwischen was anderes tun, als dich in der Zentrale auszuruhen?! Ich habe da einen phantastischen Raum für dich.!'
Ich konnte Vipah sehr gut verstehen, sie wollte sich nicht über die Schulter sehen lassen, bei ihren ersten Bewegungen im Weltraum, vielleicht hatte sie auch Angst, etwas falsch zu machen. Sollte ich mich ihren Wünschen widersetzen? Nein! Ich wußte, wie wichtig es für ein zunächst labiles Schiffsbewußtsein war, seine ersten Gehversuche zu machen. Ich wollte keinen negativen Einfluß auf Vipahs Selbstvertrauen ausüben.
'In Ordnung, Vipah! Ich werde mich jetzt umziehen, in der Zeit kannst du schon ja die Basis verlassen, um mir Bescheid zu geben, wenn der Abstand reicht, um mich zu informieren.'
Ich verließ die Zentrale und spielte mit dem Gedanken., Vipah meiner uneingeschränkten Unterstützung zu versichern, was ich aber schnell verwarf. Wenn Vipah mich brauchte, würde sie sich sicher melden, diese Informationen mußte sie schon aus meinem bisherigen Verhalten bezogen haben.
Ich fühlte mich immer besser. Es ging mir gut, wenn ich auch etwas Zeit zum erholen brauchte. Vor mir öffneten sich Türen und Schotts, um mir den Weg zu meinem Quartier zu weisen. Dieses Quartier war sicher in jeder Beziehung angenehmer, als meine Unterkunft in der Basis, die ich nicht ohne Grund als Zelle bezeichnete.
Ich ertappte mich dabei, wieder an die Einschränkung zu denken. Was für ein Grund konnte dahinterstecken, die meinen Auftrag betreffenden Informationen, nicht in der Basis bekanntzugeben?
Als ich den schmalen Korridor, zu meiner Kabine, bis zur Hälfte zurückgelegt hatte, ergriff mich plötzlich eine imaginäre Faust, um mich mit Wucht zu Boden zu schleudern.
Der Start!
Damit hatte ich nicht gerechnet.
Mit Rücksicht auf Vipahs Seelenleben, begann ich lautstark zu lachen, obwohl mir einige Körperteile erhebliche Schmerzen signalisierten. Ich atmete auf, als ich bemerkte, daß mein Lachen zum Erfolg geführt hatte, denn Vipah nahm diesen Vorfall nicht Ernst.
'Was ist los, Erdan? Hast du schon Schwierigkeiten bei neun g?'
'Nein, Vipah! Meine Knochen sind aus Kompristal und darum sehr weit belastbar, aber meine Muskulatur ist nur bis zwanzig g ausgelegt, spielerisch stand ich auf, ich konnte ja nicht ahnen, wie eilig du es hast, in dein Element zu gelangen!' Ich ging weiter, 'du brauchst mir nur Bescheid zu sagen, wenn du zwanzig g, Überschreitest. Ab zweihundert g brauche ich ein Dämpflager.'
'Alles klar, Erdan! Ich werde mich melden, wenn unser Abstand reicht, um meine Speicher zu öffnen.'
Also wußte auch Vipah nicht, was für einen Auftrag man mir erteilen wollte. Was sollte diese Geheimniskrämerei?
Unter neun g Belastung betrat ich meine Kabine.
Man war in den letzten Jahrhunderten wieder von Antigravantrieben abgekommen. Auf den meisten Planeten waren AgravStarts schon seit langer Zeit verboten, weil jeder Einsatz dieses Antriebs unweigerlich zu einem Verlust des Atmosphärevolumens führte. Durch Gravitationsneutralisationsfelder kam es zu einer gravitationslosen Säule, die Über dem Feld bis in den freien Raum reichte. Dadurch kam es infolge der Gravitationsaufhebung; zu einem Sog über dem startenden Raumschiff, durch den es ohne großen Energieverbrauch in das All befördert wurde. Die Atmosphäre, die durch die Gravitation an den Planeten gebunden war, entströmte ins Vacuum des Weltraums. Diese Technik des Startens hatte auf einer nicht geringen Anzahl von Planeten zu einer so starken Ausdünnung der Atmophäre geführt, daß man sie mit Terraformern wieder bewohnbar machen mußte.
Ein Teil der Wand vor mir, schob sich zur Seite, um mich in meine Privaträume eintreten zu lassen. Auf allen. Raumern der Organisation gab es ähnlich gestaltete Räumlichkeiten, um dem Benutzer einen größtmöglichen Comfort zu gewähren.
So sehr ich mich auch bemühte, konnte ich doch keine Spuren entdecken, die auf eine vorherigen Anwesenheit, pangalaktischer Wesen hingewiesen hätten.
Ich war beruhigt. Hatte ich eine Falle erwartet? Ich mußte mir eingestehen, daß die Tatsache, daß mir Informationen vorenthalten wurden, doch zu einem nie gekannten Unbehagen geführt hatte. Ich beschloß, mich genau zu beobachten, um aufkeimendes Misstrauen gegenüber der Organisation, schon im Keim ersticken zu können.
'Erdan!'
Vipahs Gedanken drangen in mein Bewußtsein.
'Erdan! Ich kann dich jetzt informieren - bist du bereit?'
Ja, ich war bereit, in mir hatte sich eine ungeheure Spannung aufgebaut, die mich neugierig machte.
'Ja, Vipah, schieß los!'
'Setz dich erst mal hin, denk an deine Nerven!'
Ich war überrascht, ließ mir aber nichts anmerken. und setzt mich in. einen Sessel, der sich als äußerst bequem erwies. Vipah machte auf mich einen lockeren, gelösten Eindruck, als würde sie sich wohlfühlen, was mich auch in eine gute Stimmung versetzte.
'Also dann wollen wir mal loslegen!'
Vipah schien auf dem besten Weg zu sein, mir einige Sympathien abzuringen.
'Fangen wir am Besten bei Punkt eins an. Du hast den Auftrag, Mitglieder der Organisgtion auszuschalten, sofern sie sich nicht auf der Basis aufhalten.'
Wenn ich mehr erwartet hatte, wurde ich nun enttäuscht. Man hatte mir also den Auftrag erteilt, Mitglieder der Organisation auszuschalten. Ein delikater Auftrag, wenn man berücksichtigte, daß es möglich war, daß diese auszuschaltenden Personen gewarnt waren. Man hatte mir den Befehl sicher erst so spät erteilt, weil sich zur Zeit Personen, die auf der Liste standen in der Basis aufhielten, was zu ernsthaften Kämpfen innerhalb der Basis geführt haben könnte. Wenn das stimmte, mußte es mir vorerst unmöglich sein, zur Basis zurückzukehren. Ich verzichtete auf eine Probe, weil ich nicht annahm, daß man Vipah in irgend einer Weise manipuliert hatte, sondern uns einfach keine Schleuse öffnen würde, wenn wir kurzfristig zurückkehrten.
'Vipah, welcher Planet ist unser erstes Ziel?'
'Vancetti, im Anarchogebiet.'
'Na, dann los!'
Wenn Vipah von den Leitern der Organisation manipuliert worden war, was ich aber für unwahrscheinlich hielt, bestand meine erste Aufgabe darin, die Manipulationen rückgängig zu machen.
Nachdem ich mich versichert haben würde, bestand immer noch mehr als genug Zeit, zu Schlafen, zu essen und zu trinken.
Ich beschloß, mir die Reise so angenehm wie möglich zu gestalten.

*


Spätestens im Rahmen der Raumfahrt und der dadurch bedingten Beschleunigungs und Beharrungskräfte, erkannten die Pangalaktiker, daß ihre Konstitution zu schwach war, um im All überleben zu können. Selbstverständlich gab es auf verschiedenen Planeten verschiedene Konzepte, um die Pangalaktiker raumtüchtiger zu machen.
Da gab es zunächst einmal die chirurgische Methode, bei der man die Knochen durch stabilere Konstruktionen ersetzte. Bei dieser Methode traten aber sehr bald Verschleißerscheinungen, nicht nur der Gelenke auf, so daß man schnell vom dieser Methode Abstand nahm. Ebenso erwies es sich als problematisch, stärkere Muskeln zu implantieren, die man in Biotanks herangezüchtet hatte.
Die Methode der Wahl war und wurde, Pangalaktiker in der Retorte zu zeugen, um den Frauen Schwangerschaft und Geburt zu ersparen und die -Kinder unter einer Oberflächenschwerebeschleunigung von zehn bis fünfzehn g aufwachsen zu lassen. Aus diesem Grund gab es Planeten, die meistens einen erkalteten Kern hatten, auf denen man die Gravitation künstlich erhöht hatte, um die Pangalaktiker an die Belastungen der Raumfahrt zu gewöhnen.
Eine andere Schule der Raumanpassung vertrat schon sehr früh die Meinung, daß man dem Organismus durch chemische Prozesse zu einer besseren Konstitution verhelfen konnte.
Die chirurgischen Verfahren hatte man lange Zeit für antiquiert gehalten, bis es gelang, ein Metall herzustellen, das alles andere in den Schatten stellte.

KOMPIRTSTAL! Anmerkungen zur Geschichte der Medizin im All

Tarantella Trebor von Xenorum


*


Die Ruhe hatte mir gutgetan. Ich hatte mich davon überzeugen können, daß Vipah sich in einem Zustand befand, den man. als ausgezeichnet bezeichnen mußte. Vipah war das Beste, was es zur Zeit auf dem Raumschiffsektor gab.
Seit einigen Jahrtausenden war es üblich, Raumschiffe mit Steuerautomatiken auszustatten, die weit über die Grenzen dessen hinausgingen, was man normalerweise unter Automatik verstand. Man hatte damit begonnen, zu den Kunstgehirnen. der
Raumschiffautomatiken lebende Bewußtseine zu gesellen, die sich nichts schöneres vorstellen konnten, als Raumschiff zu sein. Es hatte auch schon Zeiten gegeben, in denen man organische Gehirne geklont hatte, um sie Raumschiffe steuern zu lassen. Es war mir eigentlich unklar, wie man es bei Vipah gemacht haben mußte, weil sich der Stand des Raumschiffbaus ständig verbesserte. Allerdings wurde ich das Gefühl nicht los, daß Vipahs Bewußtsein, schon in einem anderen Schiff regiert haben mußte. Ich, beschloß, sie erst danach zu fragen, wenn ich absolut sicher war, daß sich ihre Persönlichkeit stabilisiert hatte.
Weil es oft vorkam, daß Raumschiffe mit nur einem Passagier wochen und monatelang unterwegs waren, bestand die Möglichkeit daß sich das Raumschiffbewußtsein in einem Androidenkörper manifestieren konnte, der jede beliebige Gestalt haben konnte.
Was man damit alles anfangen konnte, sei der Phantasie des Lesers überlassen. Ich hatte auf dieser Reise bislang, auf diese Möglichkeit verzichtet, was aber sicher nicht für den Rest der Reise zu gelten hatte.
Vipah und ich waren in die Zentrale gegangen, in der Mitte des Raumes schwebte eine dreidimensionale Projektion Vancettis. Vipah ließ den Raumer mit fünf g negativ beschleunigen, was uns die Möglichkeit gab, uns völlig normal zu bewegen, weil Vipah darauf achtete, daß auftretende Gravitationskräfte uns immer gegen den Boden drückten, der sich beim gelandeten Raumschiff unten befand.
Während Vipah im Kommandosessel lag und sich mit dem Anflug beschäftigte, hatte ich mich vor einen Informationsschirm gesetzt, der mir alle benötigten Informationen über Vancetti, seine Geschichte und Bewohner geben konnte.
Vancetti:
Alter Planet, der vor siebentausend Jahren besiedelt wurde.
Nichtregierungsform:
Anarchie mit Bevölkerungsbeschränkung.
Landebeschränkung:
Nur ein Raumhafen
Waffenbeschränkung:
Verbot für Energiewaffen und Detonationsgeräte, sowie Detonationsprojektilwaffen jeglicher Art.
Es folgten die Üblichen Informationen, die man über alle möglichen Planeten nachlesen konnte.
Ich sah mir die dreidimensionale Projektion genauer an, die hinter mir im Raum schwebte. Vipah lachte mich an und kniff mir kommentarlos ein Auge, bevor sie sich wieder auf ihren Job konzentrierte.
Vancetti sah aus, wie fast alle anderen Sauerstoffplaneten, nur daß die vereisten Polkappen fehlten. Wegen des enormen Alters der Sonne des Planeten, die kaum noch in der Lage war genügend Licht zu spenden, hatte man. begonnen die Sonne aufzuheizen, indem man Energie von einer Nachbarsonne bezog, deren Planeten alle unbewohnt waren. Von der Nachbarsonne reichte ein kontinentdicker Energiefinger zur Sonne Vancettis, der sie noch in Jahrmillionen versorgen würde. Im Orbit Vancettis konnte man einen schimmernden Ring ausmachen, der das Licht der Sonne auf Vancettis Pole reflektierte. Auf diese Weise gehörte Vancetti zu den wärmeren Sauerstoffwelten der bekannten Galaxis.
Vor meinen Augen stellte sich Vancetti als ausgeglichener 0 Oekosphäreplanet dar, auf dem sich theoretisch auch Pangalaktiker entwickelt haben könnten. Aber dazu war der Planet zu alt.
Ich sah Meere, Kontinente, Inseln, Wüsten und Gebirge.
Auf den, Kontinenten konnte man vereinzelte Urwaldgebiete erkennen, die teilweise von Küste zu Küste reichten.
Ich war froh, daß mein Einsatz auf einem Anarchoplaneten begann, denn ich hatte immer Schwierigkeiten mit der Gezwungenheit auf Feudalwelten gehabt. Auf jedem Planeten mußte man sich eine Unmenge an Informationen einprägen, die alle nötig waren, um keine bestehenden Gebote zu verletzen und somit keinen Ärger mit den Gewaltmonopolisten zu bekommen. Auf den Feudalplaneten gab es, vielleicht infolge der Überbevölkerung, eine kleine Gruppe, die das Gewaltmonopol inne hatte, um die anderen Planetenbewohner reglementieren zu können.
Ich rief Informationen über die Fauna des Planeten ab.
Zumindest gab es keine Tiere, die einem Pangalaktiker der neuen Generation gefährlich werden konnten. Natürlich konnte man sich als weltraumkonditionierter gegen jede Art von Tier behaupten, aber es gab auch konditionierte Tiere, die man für Arenakämpfe gezüchtet hatte, die in den Arenen gegen Pangalaktiker anzutreten hatten. Bei solchen Kämpfen achtete man besonders darauf, daß beide Kämpfer reelle Chancen hatten.
Da, Vancetti ein Anarchistenplanet war, konnte man keine Arenen und konditionierte Tiere erwarten, da dieser 'Sport' nur auf Feudalwelten gepflegt wurde.
„Ich schwenke jetzt in einen Orbit ein!" Vipahs Stimme klang ein wenig monoton, ich konnte mir vorstellen, daß sie sich sehr stark konzentrierte, weil sie nun ihre erste Landung auf einem Planeten vor sich hatte. Ihr Gesicht war entspannt, als sie die Augen schloß. Ihr standen nun andere Sinne zur Verfügung.
Für mich stellte sich nun das Problem, mir eine geeignete Ausrüstung, zusammenzustellen, die für alle Eventualitäten ausreichte.
Eigentlich war ich froh, auf einem Planeten arbeiten zu müssen, auf dem der Gebrauch von Fernwaffen nicht möglich war. Es ist ein beruhigendes Gefühl, du wissen, daß man bei gewaltätigen Auseinandersetzungen immer eine reelle Chance hatte.
Trotz des Fernwaffenverzichts, wäre es fatal gewesen, sich bei der Wahl der Waffen vom Zufall leiten zu lassen.
Als Vipah die Landung einleitete, war ich schon auf dem Weg in die Ausrüstungskammer.
Ich war normalerweise kein Freund von Waffen, konnte aber im .Einsatz nicht auf sie verzichten, wollte ich den Planetenaufenthalt überleben.
Es widerstrebte mir besonders, Gewalt auf einen Anarchistenplaneten zu tragen, der wie alle Anarchistenplaneten fast keine Gewalttätigkeiten kannte; das muß ich hier mit Entschiedenheit betonen.
Vielleicht war es auch so, daß ich versuchte, mich hinter meinen Auftraggebern zu verschanzen.
Auf eine m Planeten mit hierarchischer Struktur oder einem Planeten, af demes entweder ein Gewaltmonopol oder aber viele Machtgruppen mit Gewaltansprüchen gab, war es für mich kein Problem, -meinen Aufgaben nachzukommen.
Ich nahm mir vor, mich zurückzuhalten und sehr vorsichtig mit allen Situationen umzugehen und mich dabei so erfolgreich wie möglich durchzuschagen.
Ich hoffte, mich in jeder Situation beherrschen zu können.
Ich ließ mir viel Zeit, ein brauchbares Sortiment von Mordwerkzeugen zusammenzustellen, wählte auch entsprechende Kleidung, die an mittelalterliches Rüstzeug erinnerte, aber auf Anarchistenplaneten nicht auffiel.
Der Andruck der Landung setzte ein. Ich ließ mich nicht stören.
Auf Feudalplaneten war es üblich, um Landeerlaubnis zu bitten, durchsucht zu werden, ob man gegen irgendwelche Gebote verstoßen konnte, indem man falsche Gegenstände mitführte oder andere Banalitäten über sich ergehen zu lassen, die alle einerseits dazu angetan waren, einem harmlosen Reisenden den üblichen Respekt abzunötigen oder dem machtdemonstrierenden Beamten ein entsprechendes Machtfeeling zu verschaffen.
Auf Vancetti, wie auch auf allen anderen Anarchoplaneten, konnte man landen und starten., wann immer man wollte, solange man dabei den üblichen Raumhafen benutzte. Man durfte sich einen anarchistischen Raumhafen nicht so vorstellen, wie Raumhäfen normalerweise waren, sondern. durfte nur ein freies Stück Wüste erwarten, das durch ein Funkfeuer gekennzeichnet wurde.
Ein letzter Gravitationseinbruch, ein letztes Aufbrüllen der Generatoren, beim Erzeugen des Bremsschubes und wir waren erfolgreich gelandet.
Ich würde Vipah sagen müssen, wie gut sie mich befördert hatte.
Da ich mir noch einige Stunden Schlaf gönnen wollte, bevor ich Vancetti betrat, suchte ich meine Privaträume auf und fand Vipah vor, die mich erwartete.

*


Immer mehr Planeten wurden besiedelt, auf denen von Recht und Ordnung keine Rede sein. konnte, es herrschte das Chaos der Anarchie. Jeder wollte sein eigener Herr sein, ohne sich einer regelnden Regierung zu unterstellen.
Versuche, Regierungen zu etablieren, scheiterten am massiven Widerstand der Anarchtsten.
In Anbetracht dieser Situation, mußten wir einen baldigen Übergriff des Chaos auf unsere kultivierten Welten befürchten und riefen die Organisation ins Leben, die dem Chaos ein für alle Mal ein Ende setzen sollte.

zur Gründung der Organisation.

Weisheit gegen Chaos!

*



Nach der Liste mußten sich drei auszuschaltende Mitglieder der Organisation auf Vancetti aufhalten. Um ersten Mal kam mir die Frage, aus was für einem Grund sie ausgeschaltet werden sollten. Aber was ging mich das an?
Ich hatte meinen Auftrag, den ich auszuführen hatte. Wenn es Antworten auf Fragen gegeben hätte, hätte man sie mir wohl mitgeteilt.
Oder doch nicht?
Ich verdrängte das aufkeimende Misstrauen gegenüber der Organisation in einen Bereich meines Unterbewusstseins, für dessen Existenz ich dankbar war. Sonst kamen mir häufig unangenehme Gedanken zu Bewusstsein, heute zwängte ich unangenehme Gedanken in eine finstere Ecke meines Seins.
Ich sah auf die Liste: Vakim Quaitam, Organisationsmummer 18951 Anarcho- Vancetti, Meto 786/44-U0. Ich prägte mir die Daten ein und vernichtete die Liste. Selbstverständlich konnte mir Vipah jederzeit eine neue ausdrucken.
Wenn ich nur eines meiner Opfer kannte, konnte ich mich nicht verzetteln, und im Falle eines Scheiterns nichts verraten. Ich ging in den Hangar, durch den ich Vipah betreten hatte und öffnete die Schleuse.
Es gehörte zu meinen Eigenarten, nie nach einer Landung auf die Sichtschirme zu sehen, sondern mich einfach überraschen zu lassen. Das war die einzige Art von Überraschung, die ich mir bewusst gönnte.
Als das Schott zurückfuhr, stellte ich mit Freude fest, daß es Tag war, zwischen Mittvormittag und Mittag. Keine Wolke war am Himmel zu sehen. Die Sonne war gelb bis orange, was dem Himmel eine türkisartige Färbung verlieh.
Ich füllte meine Lungenflügel bis zum Bersten mit der würzigen Luft Vancettis und machte einen Schritt nach vorn. Jeder Planet hatte einen anderen spezifischen Geruch, der ihn unverwechselbar machte. Vipah war inmitten einer Wüste gelandet. Der Sand war ockergelb bis braun und relativ grobkörnig.
Ich betrat Vancetti zum ersten Mal. Als ich mich einige Schritte von Vipah entfernt hatte, konnte ich sehen, daß noch mehr Raumschiffe im Wüstensand standen.
In der Ferne, am Horizont konnte ich Gebäude erkennen, die sicherlich zur nächsten Ansiedlung gehörten.
Normalerweise war es auf Anarchoplaneten üblich, daß man sich vom Zeitpunkt der Landung an, frei bewegen. konnte, es sei denn, daß die Anarchisten bestimmte Waffen nicht duldeten. Das Letztere traf auf Vancetti zu. Der ganze Wüstenabschnitt, der als Raumhafen diente, wurde von einem Energiegatter umspannt, das einen beim Betreten des Raumhafens von Außen nicht behinderte, aber ein Verlassen des Hafens nur an bestimmten Stellen erlaubte.
Wer sich durch diese Maßnahme eingeschränkt fühlte, sollte bedenken, wie angenehm man auf einem Planeten leben kann, auf dem es keine Energiewaffen und andere Fernwaffen gibt.
Jedenfalls war es kein schlechtes Gefühl, zu wissen, daß man nicht aus dem Hinterhalt erschossen werden konnte.
Was ich nun brauchte, -war ein geeignetes Fahrzeug. In Vipahs Hangar fand ich ein vierrädriges Variofahrzeug, mit dem ich meinte überall hinfahren zu können. Solche Varios gab es auf fast allen Planeten, die von Pangalaktikern bewohnt wurden, sie waren dank Allradantrieb und Sperrdifferenzialen dazu prädestiniert, abseits von Betonpisten und Plastikstreifen, zur Beförderung zu dienen. Sie boten sechs Personen reichlich Platz, konnten mit oder ohne Klimaschutz gefahren werden und hatten auch unter Wasser keine Schwierigkeiten.
Natürlich war so ein Vario auch für Betonpisten und ähnlich glatte Bodenbeläge vorzüglich geeignet. Der Vario,den ich wählte, war ein altes Modell, dem man schon einige Jahre Betrieb ansah. Es sprach für die Ausstatter der Organisation., daß sie auch neue Schiffe mit diversen älteren Geräten bestückten. Es wäre undenkbar gewesen, auf einem Anarchoplaneten wie Vancetti mit einem neuen Vario herumzukurven.
Ich verstaute meine Ausrüstungsgegenstände, die ich nicht am Körper trug, in einem dafür vorgesehenen Fach im Varioheck und bestieg das Fahrzeug.
'Sei vorsichtig, Erdan, ich würde dich vermissen!' Vipahs Gedanken tauchten in meinem Bewusstsein auf. Sie war tatsächlich besorgt um mich.
'Schon gut Vipah, ich bin auch froh, wenn ich dich wiedersehe. Wenn ich in einem Vancettijahr nicht zurück bin, kannst du mich abschreiben.. Bis dann!'
Als ich den Vario in den Wüstensand bugsiert hatte, verschloß sich Vipahs Schleuse hinter mir. Schade, daß wir keinen Kontakt aufrechterhalten konnten, aber dazu. hätte ich einen Verstärker mitnehmen müssen, der relativ unhandlich war. Mit geöffnetem Dach fuhr ich gemütlich los, wobei die Gebäudeansammlung am Horizont mein erstes Ziel war.
Mit geöffnetem Dach fuhr ich gemütlich los, wobei die Gebäudeansammlung am Horizont mein erstes Ziel sein würde.
Vor der Gebäudeansammlung würde es die Möglichkeit geben, den Raumhafenbereich durch einen Torbogen im Energiegitter zu verlassen.
Langsam fuhr ich an den verschiedenen Raumfahrzeugen vorbei, die planlos verstreut in der Wüste herumstanden. Meine Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf einen erheblich lädierten Transporter, der mir bekannt vorkam. Je naher ich dem Raumer kam, desto sicherer wurde ich, daß es sich um Leda handelte, ein Raumschiff der Organisation, mit dem ich schon viele Einsätze gehabt hatte.
Wie lange hatte ich Leda. schon nicht mehr gesehen? Ich wußte es nicht mehr. Leda sah sehr mitgenommen aus, wobei ich sagen muß, daß sich ihr Aussehen bislang nicht nennenswert verändert hatte, weil sie schon lädiert gebaut worden war. Trotz ihres verheerenden Aussehens, konnte man noch deutlich ihre Zylinderform erkennen.
Als ich nah genug herangefahren war, versuchte ich Gedankenkontakt mit ihr herzustellen.
War ich nicht seinerzeit mit Leda zur Organisation gekommen?
Konnte man so wichtige Tatsachen vergessen? War Leda, gar kein Raumschiff der Organisation? Ich konnte mir meine Fragen nicht beantworten.
'Leda!'
Die Antwort hätte eigentlich spontan kommen müssen. Wo blieb die Antwort?
'Hier Leda! Bist du endlich angekommen? Was kann ich für dich tun?'
'Was kann ich für dich tun!? Ich bin Überrascht, dich hier zu sehen!'
'Wo würdest du mich denn bitteschön lieber sehen?'
'Warum wußte ich nicht mehr genau, ob ich mit Leda zur Organisation gekommen war? Sollte ich sie fragen? Nein, mit wem war Leda hierhergekommen?
'Hast du jemanden an, Bord, Leda?'
'Ja, Alter! Aber ich werde dir erst sagen wer es ist, wenn du zurückkommst, weil ich hier auf dich warten werde. Viel Erfolg!'
Ich bewegte mich langsam aus dem Bereich heraus, in dem Gedankenkontakte möglich waren. Zwei Raumschiffe erwarteten mich, daskonnte ja heiter werden.
Was sollte diese Geheimniskrämerei, die Leda betrieb? Warum war sie hier? War sie nun ein Raumschiff der Organisation oder nicht? Wen hatte sie an Bord? Warum informierte sie mich nicht?
Es hatte keinen Sinn, sich noch mehr Fragen auszudenken, die sowieso nicht beantwortet werden würden.
Ich hatte während meiner Konversation mit Leda, weder die Fahrt unterbrochen, noch verlangsamt und näherte mich jetzt dem Rand des Raumhafens, der noch stärker von stehenden Raumschiffen frequentiert war, als der Platz, an dem Vipah gelandet war.
Soweit ich erkennen konnte, machten die Gebäude gar nicht den Eindruck, zum Raumhafen zu gehören, aber Eindrücke konnten bekanntlich erheblich täuschen. Bald konnte ich erkennen, daß es sich höchstwahrscheinlich größtenteils um Lagerungscontainer handelte, die sich aus eigener Kraft auf Rädern bewegen ließen. Außerdem waren einige Druckkuppeln zu erkennen, die den verschiedensten Zwecken dienen konnten. Einerseits wurden Druckkuppeln als einfache Überdachungen genutzt, die zudem noch leicht an einen anderen Ort zu bringen waren, andererseits waren sie auch gebräuchlich, um Intelligenzwesen, die keine Pangalaktiker waren und eine andere Art von atembarer Atmosphäre brauchten, zu beherbergen. Außerdem wurden Druckkuppeln von allen möglichen Intelligenzwesen benutzt, die sich auf Planeten oder Monden mit einer lebensfeindlichen Umwelt aufhielten und sei es ein Raumkörper ohne Atmosphäre und mit mörderischen Temperaturen.
Ich konnte noch nicht erkennen, ob sie der Lagerung dienten oder Methanatmer beherbergten.
Als ich ein lautes Heulen hörte, sah ich nach oben und konnte ein Raumschiff erkennen, das zur Landung ansetzte. Es handelte sich um ein tellerartiges Gebilde, wie es häufig, als Privatyacht in Gebrauch ist.
Nachdem ich sicher war, daß es nicht in meiner Nähe herunterkommen würde, setzte ich meine Fahrt fort.
Ein heulender Gyrowagen kam mir entgegen, ein Fahrzeug, das sich auf nur einem Rad bewegte und mittels schwerer kreisender Schwungmassen am Umkippen gehindert wurde. Es war mir ein Rätsel, wie man einen solchen Wagen fahren konnte, der sich nur auf ebenen Flächen und mit sehr hohem Energievergrauch bewegen ließ. Aber das war eben Geschmackssache, vielleicht würden die Benutzer von Gyrowagen es ablehnen, einen Vario zu benutzen.
Auch der Gyrowagen fuhr ohne Dach. Ich konnte zwei Wesen erkennen, die entfernt an überdimensionale Würmer erinnerten. Sie rasten an mir vorbei, eine Staubwolke hinter sich herziehend, auf den Landeplatz der Privatyacht zu.
Inzwischen konnte ich erkennen, daß die Druckkuppeln sowohl der Unterbringung von Methanatmern, als auch der Lagerung von nicht witterungsbeständigen Gegenständen dienten. Zwischen den Druckkuppeln, konnte ich die quaderförmigen Lagerungscontainer deutlich erkennen, die hier teilweise völlig zweckentfremdet eingesetzt wurden, indem man sie zu Wohnhäusern und ähnlichen Unterbringungsmöglichkeiten für Pangalaktiker umgebaut hatte. Sie standen einfach in der Wüste herum und konnten sicherlich innerhalb kürzester Zeit an einen anderen Ort gebracht werden, um da einen Raumhafen mit Nebengebäuden zu errichten.
Ich durchfuhr den Torbogen des Energiegatters und wußte, daß man den Vario und mich während der Durchfahrt auf nicht freigegebene Waffen untersuchte. Die Untersuchung wurde mit allen erdenklichen, Methoden der modernen Wissenschaften durchgeführt. Hätte ich Energiewaffen mitgeführt, wäre vor mir ein Energiefeld errichtet worden, das mich am Verlassen des Raumhafens gehindert hätte. Da diese Kontrolle automatisch erfolgte, konnte sie als absolut sicher eingestuft werden. Ich befand mich auf einem Planeten, auf dem man immer eine Chance hatte.
Zwischen den transportablen Gebäuden standen wüstengängige Varios herum, die allesamt einen erheblich lädierten Eindruck machten und auch nicht mehr die neuesten Modelle zu sein schienen. Mit Befriedigung stellte ich fest, daß ich mit meinem Vario eine gute Wahl getroffen hatte.
Ich stellte meinen Wagen vor dem ersten Eßhaus ab, um mich mal unter die Bevölkerung zu mischen. Normalerweise hatte ich erwartet, den üblichen Lärm zu hören, wie man ihn von Eß-und Trinkhäusern auf allen Planeten her kannte, aber nichts dergleichen war zu hören.
Vor dem Eßhaus standen drei Wagen, wovon einer zu meiner Überraschung völlig neu zu sein schien. Als ich zwischen dem neuen Wagen und einen total zerkratzten alten Vario durchging, kam gerade eine abenteuerlich gekleidete Gastalt aus dem Eßbau.
Der Mann war von Kopf bis Fuß gerüstet und trug so ziemlich alles an Waffen, was man sich so vorstellen konnte. Fast hätte es mich verwundert, daß er nicht unter diesem erheblichen Gewicht zusammenbrach.
„Hey, du!" er zeigte mit dem Zeigefinger auf mich, jetzt konnte ich sehen, daß er sogar Schlagschäfte an den Fingern trug.
„Nimm sofort deine dreckigen Anarchistenfinger von meinem Wagen, sonst kannst du was erleben!" seine Stimme schien immer lauter werden zu wollen.
Ich hatte wohl seinen neuen Wagen unabsichtlich mit der Hand berührt, was nun zu Ärger zu führen schien.
Ich zog selbstverständlich augenblicklich meine Hand zurück und hoffte, er würde nun Ruhe geben. Ich wollte mich nicht mit einem Verrückten herumschlagen und wich bereitwillig zurück, als er mich zur Seite schob, um nach einer eventuellen Beschädigung seines Wagens zu sehen.
Als er sich von der Unversehrtheit seines Wagens überzeugt hatte, wandte er sich wieder mir zu. Er sah mich abschätzend von oben bis unter an, wobei er keine meiner verborgenen Waffen zu entdecken vermochte und begann mich provozierend anzubrüllen.
Obwohl es mir ungeheuer schwer fiel, ruhig zu bleiben, drehte ich mich um, um den Eßbau zu betreten.
Den Stoß in den Rücken, den ich nun erhielt, hatte ich erwartet. Ich landete bäuchlings auf der Treppe und sah zu, daß ich schnell aus seiner Reichweite kroch. Keinesfalls wollte ich unter den Anarchisten auffallen. Mit Sicherheit wurde der ganze Vorgang von den Gästen des Eßbaus durch die verhangenen Fenster beobachtet.
Als ich mit dem Kopf die Schwenktür aufgeschoben hatte, wurde ich von zwei Kerlen ergriffen, auf die Beine gestellt und schulterbeklopft. Ich fiel in das brüllende Gelächter der Anwesenden ein, die sich so lange beherrscht haben mußten, wie der Feudalweltler in hörweite war.
„Komm, Mann! Setz dich zu uns und erzähl uns von deinen Erlebnissen mit den Feudalisten!"
Man schob mir einen Hocker in Position, reichte mir einen Becher Cranitz, ein weitverbreitetes Getränk und sah mich erwartungsvoll an. Als ich mich von meinem Lachen erholt hatte, begann ich die Worte des Feudalweltlers mit den neuen Wagen zu wiederholen.
„Hey du! " ich versuchte seine Stimme zu immitieren, was mir besonders bei der Lautstärke misslang.
„Nimm sofort deine dreckigen Anarchistenfinger von meinem Wagen, sonst kannst du was erleben!" wir schüttelten uns vor Lachen.
Man drückte mir einen. zweiten Becher Cranitz in die Hand.
„Hau endlich ab, du mieses Anarchistenschwein und sieh zu, dass du mir nicht wieder unter die Augen kommst!"
Ich bemühte mich meine normale Stimmlage wiederzufinden.
„Habt ihr oft mit solchen Typen zu tun? Ich war eigentlich unsicher, ob ich mich ihm gegenüber richtig verhielt und hatte entsprechende Schwierigkeiten mich zu beherrschen."
Ich sah mich um, als könnte ich kein Wässerchen trüben. Der Wirt lachte und sah mich durchdringend an.
Du hast vollkommen richtig gehandelt. Wir versuchen hier auf Vancetti dafür Sorge zu tragen, daß solche Typen den Planeten auch wieder lebend verlassen, was manchmal nicht so einfach ist. Die Feudalisten kommen oft hier her, um uns auf den Zahn zu fühlen. Sie suchen so lange Streit, bis sie es entweder aufgeben, oder amoklaufen. Es ist für uns unverständlich, wie man so sein kann. Wir leben hier alle in Frieden und wollen uns frei entfalten ... Wenn dann so einer kommt, ist es zwar eine Abwechslung, aber auch Abwechslungen können übertrieben. werden. Warst du schon mal auf einem Feudalplaneten?"
Ich sah mich um, es würden mir eine Menge Leute zuhören. Merwürdigerweise hatte man mich sofort, ohne zu zögern, als Anarchisten eingestuft.
„Ja, ich war schon auf FeudalweIten. In Grunde genommen sind sie alle gleich. Es gibt Vorschriften und Gebote, die man Gesetze nennt, an die sich jeder halten muß. Zuwiderhandlungen werden bestraft. Man büßt entweder sein Vermögen ein, oder seine Freiheit, indem man in einen engen Raum gesperrt wird
den man teilweise jahrelang nicht mehr verlassen kann.
Es gibt Leute, die Gesetze machen und solche die für ihre Einhaltung Sorge zu tragen haben, wogegen der Rest sich nur an die Vorschriften zu halten hat, die die die die Gesetze machen, begünstigen. Im Laufe der
Zeit ist es so weit gekommen, dass es einfacher und, übersichtlicher wäre, aufzulisten, was erlaubt ist. Ich bin immer nur so lange auf Feudalwelten geblieben, wie es unbedingt nötig war. Es ist schwierig, nicht eine unbeabsichtigte Gesetzesübertretung zu begehen. Es gibt Planeten, auf denen das Tragen roter Kleidung untersagt ist, wogegen es andere Welten gibt, auf denen jede andere Kleidungsfarbe als rot verboten ist. Im Grunde genommen kann man so etwas nicht beschreiben, man muß es selbst erlebt haben. Man.kann sich unmöglich alle Vorschriften merken und lebt immer mit den Risiko der Gesetzesübertretung und ihrer Konsequenzen.''
Ich war sicher, daß die Anwesenden solche oder ähnliche Informationen fast täglich hörten; doch immer wieder hörten sie neugierig zu, so bizarr empfanden sie die Beschreibungen von Feudalplaneten.
Schweigen.
Eine ältere Frau, die sich am Hinterkopf kratzte, beugte sich vor.
„Unter solchen Bedingungen kann man es ja fast verstehen, dar die Feudalisten auf Anarchiewelten durchdrehen.. Mir tun. sie fast leid, aber warum leben sie auf Feudalwelten?"
„Weil sie Angst haben, Angst vor der Anarchie!" Die Stimme stammte von einer Frau, die hinter mir stehen mußte. Ich drehte mich nicht um. Sie hatte Recht.
Es dauerte nicht lange, man hatte den Feudalisten vergessen, das intergalaktische Kneipenraunen war wieder zu hören, und ich bekam Hunger. Das Essen hatte einen Namen, der unaussprechlich war. Unaussprechlich war auch der Geschmack, den ich zwischen gut und hervorragend einstufte. Ich aß pangalaktisches Essen, das es auf jedem Planeten gab. Aber auf jedem Planeten wurden die biologischen und teilweise auch chemischen Extrakte anders gemischt, zubereitet und kredenzt.
Auch wenn man das Publikum in diesem Eßhaus als gemischt bezeichnen musste, war ich sicher, dass sich in dem Raum nur Anarchisten aufhielten.
Nach dem Essen lauschte ich kurz in mich hinein, konnte aber keinen Alarmimpuls meines implantierten Fremdstoffanalyserezeptors wahrnehmen. In meinem Magendarmtrakt lagen Fremstoffanalyserezeptoren auf der Lauer, die immer dann Alarm schlugen, wenn die Nahrung, die ich zu mir nahm, Stoffe enthielt, die
mir schaden konnten, oder wenn notwendige Vitamine und Spurenelemente fehlten. Da meine Rezeptoren keine Signale abgaben, brauchte ich weder meine Peristaltik rückwärts ablaufen zu lassen, noch sogenannte Toxinneutralisatoren einzunehmen, die in einem Ersntfall auch automatisch in Aktion traten. Ob mich dieses System allerdings gegen massiv wirkende Gifte schützen konnte,